100 Jahre Geschichte, Träume und Erlebnisse
18.06.2025 GesellschaftUnter diesem Motto feierte der Sonnenberg am vergangenen Wochenende sein 100-jähriges Bestehen. Dabei war das Jubiläumsfest weit mehr als ein gewöhnlicher Tag der offenen Tür. Mitarbeitende sowie die Schülerinnen und Schüler engagierten sich gemeinsam und zeigten Einblicke in ihren Alltag.
RAHEL HEGGLIN
Für Thomas Dietziker, den langjährigen Geschäftsführer des Sonnenbergs, waren diese Tage von grosser Bedeutung. Über ein Jahr lang hatte sich ein engagiertes OK auf das Ereignis vorbereitet. Es sollte nicht nur gefeiert, es sollte auch sichtbar werden, wie vielfältig, lebendig und wirksam die Institution heute ist. Auf dem gesamten Gelände des Sonnenbergs fanden Aktivitäten statt: ein Zirkus mit Darbietungen von Schülerinnen und Schülern, Führungen, kreative Ateliers, eine Tombola, eine Hüpfburg, Verpflegungsstände und musikalische Einlagen. Unter anderem von der hauseigenen Band «Magic 68», in der seh- und mehrfach beeinträchtigte Kinder gemeinsam mit Mitarbeitenden musizierten.
Erfahrung für alle Sinne
Das lebendige Treiben erreichte einen bereits beim Betreten des Geländes. An den verschiedenen Ständen instruierten Klienten und Mitarbeitende gemeinsam die Gäste und luden zum Ausprobieren und Mitmachen ein. Beim Stand «Orientierung und Mobilität» galt es beispielsweise, drei verschiedene Parcours mit dem Blindenstock zu absolvieren. Der sehende Mensch bekam so die Möglichkeit nachzuempfinden, wie das Leben ohne Augenlicht ist. Es zeigte sich, dass die verschiedenen Wegrichtungen oder ein Labyrinth ohne die Hilfe eines sehenden Menschen an der Seite schwierig zu meistern sind. Zudem ist es auch sehr anstrengend, da die ganze Konzentration auf der Bodenbeschaffenheit und deren Ausrichtung ausgelegt ist.
Eindrücklich waren auch die Angebote der Blinden- und Low-Vision-Pädagogik. Unter anderem konnte man erfahren, wie das Braille-Alphabet funktioniert. Die Brailleschrift, auch Blindenschrift genannt, stellt die Buchstaben und Zahlen des Alphabets mithilfe von sechs Punkten dar. Auf der Computer-Tastatur sogar mit acht Punkten. So konnte jeder auf einer entsprechenden Maschine selbst tippen, wie der eigene Name in Brailleschrift zu schreiben ist.
Andere Stationen zeigten die Klassenzimmer für die Schülerinnen und Schüler mit Verhaltens- und/oder Sprachbeeinträchtigungen, Kunstwerke aus den verschiedenen Ateliers oder auch die Räumlichkeiten der Wohngruppen.
Geladene Gäste
Am Freitagabend fand zudem ein geschlossener Anlass für geladene Gäste statt. Nach einem Willkommens-Apéro begrüsste Dietziker zusammen mit Moderator Nick Hartmann die Gäste. «Es waren rund 180 Personen anwesend. Dass der gesamte Baarer Gemeinderat ebenfalls kam, freut mich ausserordentlich. Es zeigt, wie wichtig ihm der Sonnenberg ist», so der Geschäftsführer. In der Festschrift, aus der an diesem Abend zitiert und die gewürdigt wurde, kam auch Gemeindepräsident Walter Lipp zu Wort. Er gratuliert darin im Namen des Gemeinderates zum 100-jährigen Jubiläum und erwähnt die Wichtigkeit des Kompetenzzentrums für Baar: «Wir sind stolz darauf, eine so dynamische und zukunftsorientierte Institution wie den Sonnenberg in unserer Mitte zu wissen.» Neben dem Gemeinderat waren auch die Zuger Regierungsräte Stephan Schleiss und Silvia Thalmann-Gut, Kantonsratspräsident Stefan Moos sowie Personen aus der Wirtschaft, Vertreter von Partnerinstitutionen und Gäste aus dem In- und Ausland anwesend.
Klienten aus der ganzen Deutschschweiz
Insgesamt werden am Sonnenberg 300 Kinder in der Integrativen und Separativen Schule unterrichtet. Integrativ bedeutet, dass diese Kinder eine Regelschule besuchen, aber vom Sonnenberg heilpädagogische, therapeutische oder andere spezialisierte Unterstützung erhalten. Die Separativen Schüler besuchen ein Angebot des Sonnenbergs in Baar oder Menzingen selbst. Einige von ihnen leben während der Woche in den Wohngruppen und fahren erst am Wochenende wieder zu ihren Familien. Sie alle haben zum gelungenen Festwochenende beigetragen. Genau das ist für Dietziker zentral: «Durch unsere Zusammenarbeit und gegenseitige Anerkennung wollen wir eine Gemeinschaft bilden. Am Jubiläumswochenende symbolisieren wir diesen Zusammenhalt mit den grünen Jubiläums-T-Shirts, die sämtliche Mitarbeitenden wie auch die Klienten tragen.»
Auf Sponsoring angewiesen
Für das Jubiläumsjahr steht dem Sonnenberg ein Budget von 180’000 Franken zur Verfügung. Finanziert wird es durch Sponsorengelder, Beiträge von Gemeinden und eigenen Aktionen wie Verkaufsständen und einer Tombola am Jubiläumswochenende. Denn als soziale Organisation darf der Sonnenberg keine Mittel aus dem regulären Schul- und Betreuungsbudget für die Festivitäten verwenden. Am vergangenen Wochenende gab es auch keine festgesetzten Preise. Jeder konnte selbst entscheiden, wie viel ihm das Essen und Trinken wert sind. Ganz nach dem Motto: «Ihr Bauch entscheidet, Ihr Herz zahlt», wie es in der Einladungsbroschüre hiess. Ein schöner Batzen dürfte auf jeden Fall zusammengekommen sein. Bereits am Freitag war das Gelände mit hunderten Personen gut besucht. Am Samstag wurden nochmals rund 3’000 Besuchende gezählt.
Ein Jahrhundert Sonnenberg
Gegründet wurde der Sonnenberg 1925 in Freiburg. Damals war es das Ziel, Kindern mit besonderen Bedürfnissen gezielt Bildung und Förderung zu ermöglichen. Über Jahrzehnte hinweg prägten Ordensschwestern des Klosters Baldegg die Institution. 1981 erfolgte der Umzug nach Baar, wo sich der Sonnenberg kontinuierlich weiterentwickelt hat. Von einer Sonderschule zu einem modernen Kompetenzzentrum, das über die Kantonsgrenzen hinaus wirkt. In der zum Jubiläum erschienenen Festschrift werden nicht nur die historischen Meilensteine nachgezeichnet, sondern auch persönliche Geschichten erzählt. Etwa von Angehörigen früherer Schülerinnen und Schüler oder von Fachpersonen, die über Jahre hinweg mit dem Sonnenberg verbunden waren.