Coiffeur Erwin Schaller legt die Schere aus der Hand

  05.06.2024 Gesellschaft

Eine Ära geht zu Ende: Coiffeur Erwin Schaller, der seit 47 Jahren in der Liegenschaft Löwen seine Kunden frisiert hat, schliesst Ende Juni sein Geschäft und tritt in den Ruhestand.

«Aus Kunden wurden erst Kollegen und dann Freunde», stellt Erwin Schaller fest. Seine Freude an der Beziehung zu seinen Kunden hat ihn zwölf Jahre über das ordentliche Pensionierungsalter hinaus in seinem Coiffeursalon an der Zugerstrasse weiterarbeiten lassen. Doch nun schliesst er dieses Kapitel seines Lebens Ende Juni. Dabei verspürt er durchaus etwas Wehmut, war es doch die Freude am Gegenüber, die ihn in der Schnupperlehre dazu motiviert hat, den Coiffeurberuf zu ergreifen. Wer bei ihm auf dem Stuhl sitzt, spürt ehrliches Interesse. Erwin Schaller nimmt Anteil am Leben seiner Kunden und weiss stets noch, worüber man sich bei früheren Besuchen in seinem Salon unterhalten hatte. Gleichzeitig legt er Wert darauf, sich nicht zu verplaudern. «Mir war es immer ein Anliegen, die vereinbarten Zeiten einzuhalten und Wartezeiten zu vermeiden», wie er betont.

Eine Vollglatze für eine junge Dame
In den fast fünf Jahrzehnten seiner beruflichen Selbständigkeit hat der 77-Jährige einiges erlebt. So erzählt er, wie eines Tages eine attraktive junge Frau sein Geschäft mit der Bitte betrat, ihr eine Vollglatze zu schneiden. Sie hatte eine Wette verloren und musste nun ihren Wetteinsatz einlösen. Alle Damencoiffeure, an die sie mit diesem Anliegen herangetreten seien, hätten ihr dies verweigert. Sei es, weil sie nicht wollten oder nicht entsprechend ausgerüstet waren. «Nun, ich habe es gemacht. Sie hatte eine hübsche Kopfform», schmunzelt er.

Hausbesuche für Stammkunden
Dass in seinem Salon ein neues Coiffeurgeschäft einziehen und über das Ende seiner Geschäftstätigkeit hinaus solche Geschichten schreiben wird, freut Erwin Schaller. Nachdem sein Vorgänger Walter Stierli schon 42 Jahre lang hier frisiert hatte, wird so eine fast 90-jährige Tradition im «Löwen» weitergeführt. Er selber wird nun noch mehr Zeit in seinem Feriendomizil im Lugnez verbringen, wo seine Gattin Rosalia herstammt. Schon bisher genoss er dort lange Wochenenden, die er sich mit reduzierten Geschäftsöffnungszeiten ermöglichte. Ganz wird der Kater aber das Mausen doch nicht lassen. «Für Stammkunden, die nicht mehr gut zu Fuss sind, mache ich weiterhin Hausbesuche», verspricht er.

Dank zum Abschied
Es ist Erwin Schaller ein Anliegen, sich nun, da das Ende naht, zu bedanken. Zuallererst bei seiner Gattin Rosalia, die ihn all die Jahre im Salon tatkräftig unterstützt hat. Aber auch bei seinen treuen Kunden, die ihm über die Jahre ans Herz gewachsen sind. Deshalb offeriert er im letzten Monat seiner Geschäftstätigkeit allen Kunden, die sich bei ihm noch einmal einen Haarschnitt verpassen lassen, zum Abschied ein Glas Sekt.

Stefan Doppmann


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