Auf den Spuren starker Baarer Frauen
22.10.2025 GesellschaftDie Zuger Kulturschaffende Maria Greco lud ein zu einem ganz besonderen Rundgang durch das herbstliche Baar. Zwischen den beiden Kirchen erfuhren die Teilnehmerinnen, wie viele selbstbewusste, emanzipierte Frauen in Baar gelebt und gewirkt haben. Eine Berufsgattung musste dabei besonders resolut auftreten.
LUKAS SCHÄRER
Winston Churchill sagte einmal sinngemäss, dass hinter jedem erfolgreichen Mann eine starke Frau stehe. Dies ist nicht so fortschrittlich, wie es im ersten Moment scheint, denn die Frau steht auch beim politischen Schwergewicht hinter, und nicht neben ihm. Die Autorin und Theaterschaffende Maria Greco möchte der fehlenden Sichtbarkeit starker Frauen etwas entgegensetzen. Dies mit dem Dorfrundgang «Spurensuche – Starke Frauen in Baar». So fanden sich letzten Samstagvormittag rund 30 Interessierte vor der reformierten Kirche ein. Bezeichnend war, dass es ausschliesslich Frauen waren, die die Tour mitgemacht haben. Dieser spezielle Spaziergang entstand im Zusammenhang mit dem 100. Jubiläum der Frauengemeinschaft St. Martin, so Greco: «Ich wurde angefragt, zum Jubiläum etwas über Baar und Frauen zu gestalten. Sie wünschten von mir eine Tour. Zuerst musste ich tief einatmen. Haben wir das überhaupt? Schnell fiel mir aber ein, dass ich doch einige kenne. Annemarie Huber-Hotz kam mir als erstes in den Sinn.»
Das kulturelle Leben in Baar wurde besonders von Frauen geprägt
Los ging es an einem Grab neben der reformierten Kirche. Hier ruht Barbara Henggeler-Schmid, geboren 1822, die die erste reformierte Kirche im Kanton Zug gründete. Zudem regelte sie die Finanzen der Baarer Spinnerei, der Firma ihres Mannes. Neben diesem Grab ist jenes der Familie Buck. Ohne die 1918 geborene Dora Buck würde es die Baarer Braui heute nicht mehr geben.
Weiter ging es zum Restaurant Bären, wo seit 75 Jahren Alice Rüttimann wirtet. «Sie steht beispielhaft für alle Wirtinnen, die sich besonders stark durchsetzen müssen», so Greco. Jene starken Frauen imponieren Greco am meisten: «Die haben schon sehr hart ‹chrampfen› müssen. Das waren mehrfach belastete Frauen mit Kindern, Haushalt und der Wirtschaft. Sie mussten quasi ihren Mann stehen.»
Beim KunstKiosk erzählte Greco über die Goldschmiedin Brigitte Moser, die das kulturelle Leben Baars besonders geprägt hat. Beim Rathaus dann Annemarie Huber-Hotz, die erste Schweizer Bundeskanzlerin, die zusammen mit ihrem Mann Eugen «Geni» Hotz den ersten Kulturpreis der Gemeinde Baar erhielt.
Die Tour fand vor der Katholischen Kirche ihr Ende mit der Biografie von Maria Wilhelmina Dossenbach, die mit nur 22 Jahren Äbtissin des Klosters Frauenthal wurde.
Spurensuchen bleiben eine Notwendigkeit
Die Kirchen haben natürlich kein besonders fortschrittliches Frauenbild, auch wenn Frauen wichtige Funktionen im Hintergrund ausüben. Greco: «Etwa in der Seelsorge. Ohne Frauen würde die Kirche auch nicht funktionieren.» Sichtbarkeit wäre dringend nötig, so Greco: «Ich hoffe es, aber es müsste schnell gehen. Wir warten seit 2’000 Jahren darauf.»
Die sechs vorgestellten Frauen sind nicht die einzigen starken, die Baar hervorgebracht hat. Greco: «Es hätte noch viel mehr. Ich hatte die Vorgabe, dass der Rundgang eine Stunde und 15 Minuten gehen soll. Ich wollte zudem diese Linie zwischen den beiden Kirchen machen. Das machte alles zwar anspruchsvoll, aber auch interessant.»
Trotz der vielen noch lebenden Frauen zeichnet sich ein gesellschaftlicher Rückgang ab. Frauenfeindlichkeit, Sexismus und aggressiver Konservatismus sind wieder am Zunehmen. Greco: «Ja, man spürt, dass es immer mehr Konservative gibt. Es sind gefährliche Zeiten, und wir müssen gut aufpassen, dass wir nicht entgleisen. Starke Frauen braucht es mehr denn je. Das Erarbeiten der Führung hat mir aufgezeigt, dass noch viel Arbeit nötig ist.»
In unrühmlicher Erinnerung bleibt der Umgang mit Elisabeth Kopp, der ersten Schweizer Bundesrätin, die nach einem Eklat komplett zersägt wurde. Greco: «Ich habe mich oft gefragt, was passiert wäre, wenn Elisabeth Kopp ein Mann gewesen wäre. Ein Mann hätte halt einen Fehler gemacht, aber die Frau wurde zerstört.»
Solche Spurensuchen bleiben weiterhin eine Notwendigkeit - heute vielleicht mehr denn je in den letzten Dekaden.
Maria Greco
Die Zugerin Maria Greco prägt seit Langem das kulturelle Leben in Baar, dem ganzen Kanton Zug und auch in Luzern. Sie ist Autorin und Theaterschaffende, macht Leseperformances und Bühnenprogramme. Dieses Jahr erhielt Greco den Anerkennungspreis des Zuger Regierungsrates. Sie ist massgeblich am KunstKiosk Baar beteiligt. Infos zu den künftigen Veranstaltungen gibt es auf mariagreco.ch.


