Treffpunkt mit Tradition

  19.11.2025 Gesellschaft

Der angekündigte Regen blieb zumindest am Samstag und Sonntag aus. So konnten alle Beteiligten auf eine gelungene Chilbi zurückblicken.

FRANZ LUSTENBERGER

Menschen wünschen einander Gutes – ein gutes Neues Jahr an Silvester, gute Genesung bei einer Krankheit oder Alles Gute zum Geburtstag. In Baar ist jeweils rund um den Martinstag noch ein weiterer Wunsch oft zu hören: «I wünsch a schöni Chilbi». Eine schöne Chilbi war es in diesem Jahr wirklich, mit viel Wetterglück am Wochenende. Und vor allem mit vielen Menschen: Gross und klein, jung und alt, reich oder weniger begütert. An der Chilbi Baar stehen Freude und Zusammensein im Vordergrund. Das betonte auch Armin Bissig: «Die Baarer Chilbi ist ein Fest für die Bevölkerung.» Es sei eine «wunderbare Tradition», die aus dem Dorfleben nicht wegzudenken sei.

Baarer, Heimwehbaarer und viele mehr
«Die Chilbi ist die Gelegenheit, viele Menschen zu sehen», sagten Helen und Erwin Grob. Man treffe Leute, «die man schon jahrelang nicht mehr gesehen habe», ergänzt Kurt Andermatt.

Die Chilbi ist so der Treffpunkt für alle Heimwehbaarerinnen und -baarer, quasi drei Tage für Menschen mit Baarer Wurzeln. Die Chilbi ist ein dreitägiger Event, den Mirjam Schmid vom Hotzenhof, verantwortlich für Events auf ihrem Betrieb, mit folgenden Stichworten umschreibt: «Dorfleben, Freude, Lachen und Zuckerwatte».

Letztere gehört seit Jahrzehnten zu einer traditionellen Chilbi wie auch Karussells mit Kutschen oder Feuerwehrfahrzeugen, Putschiautos, Büchsenwerfen oder das Kamelrennen, bei denen es kleinere und grössere Plüschtiere zu gewinnen gibt. «Es ist einfach lustig», sagte Benjamin Mosimann aus dem Emmental, der für seine Baarer Freundin Nathalie Keller und für sich einen flauschigen Flamingo als Preis ausgewählt hat.

Adrenalinkick nicht nur für Kids
Beeindruckend sind aber auch die modernen Bahnen. Das «Hip Hop X drive», das einzige Überkopf-Fahrgeschäft seiner Art, erlaubt maximal 16 Personen eine Fahrt in 19 Meter Höhe. Ein Adrenalinkick, den sich auch eine Grossmutter mit ihren beiden Enkelkindern nicht entgehen lassen wollte; es habe «Mega-Spass» gemacht, so die Reaktion, nachdem sie alle drei wieder festen Boden unter den Füssen hatten. Diese Bahn ist zum ersten Mal in Baar, René Bourquin an der Kasse ist zufrieden: «Das Geschäft läuft super.»

Noch höher hinaus, nämlich auf 52 Meter Höhe, schleuderte der Schwenkarm des «Maxximum 2» die Wagemutigen. Luca Rainone sprach von einem «Überschreiten der Grenzen» und: «Mein Adrenalinspiegel ist wirklich hoch.» Und er konnte das Vergnügen gleich mit dem Beruflichen verbinden. «Als Schindler-Manager habe ich die vielen Bauprofile über Baar gesehen und mir die vielen benötigten Lifts vorgestellt.» Apropos Geschwindigkeit: im «Insider» ist einer der schwebenden Wagen mit der Einstein’schen Formel «E = mc2» angeschrieben.

Am Montag genossen Baarer Kinder während einer halben Stunde freie Fahrt auf den Chilbi-Bahnen. Der elfjährige Leon Gabriel wünschte sich eine Verdoppelung auf eine Stunde: «Denn es hat so viele attraktive Bahnen». Mit diesem Wunsch dürfte er wohl vielen Kindern und Eltern aus dem Herzen gesprochen haben.

Vielfalt auf der Dorfstrasse
Bunt und abwechslungsreich präsentierten sich die Marktstände auf der Dorfstrasse bis zum Kreuzplatz. Erich Dober stellte fest: «Wir haben einmal im Jahr in Baar sogar ein Warenhaus.» Seit 40 Jahren ist René Roos dabei, mit CD’s, vor allem aus dem Bereich Schlager und Volkstümliches. Er musste sich preislich etwas anpassen, aber: «Die Nachfrage ist nach wie vor da.» Ein paar Meter weiter bot Michele Quaglia italienische Spezialitäten an, das Wetter – bedeckter Himmer und kein Regen am Sonntag – sei perfekt für sein Geschäft.

«Der Markt in Baar ist für uns positiv», sagte Martina Koller, Geschäftsführerin Bekos, aus dem appenzellischen Wolfhalden. Sie verkaufte handgefertigte Taschen und Accessoires aus alten Zement-, Futter- und Reissäcken – Herkunft des Originalmaterials ist die Stadt Siem Reap in Kambodscha. Damit würden zehn Familien ein gesichertes Einkommen erhalten. Übrigens, die Verbindung dieser Stadt zur Schweiz währt schon lange: in Siem Reap steht eines der Spitäler, das Beat Richner in Kambodscha gründete.

Die Pfadi Baar registrierte am Samstagabend «full house», wie die Chilbi-Chefin Csilla Aklin sagte. Sie betonte auch die gute Zusammenarbeit mit der Gemeinde. Zufrieden äusserte sich auch Robert Liniger vom Löschzug Dorf. «Kein Rekord, aber doch ziemlich gute Umsätze» im Löschegge. Er erläuterte die grosse Bedeutung der Gratisarbeit, welche alle beteiligten Vereine für die Chilbi leisteten. Über alle Chilbi-Tage seien 61 Schichten à sieben Stunden mit jeweils neun Personen für Buffet, Grill und Service vorgesehen gewesen.

Gesegneter Ort
Zum dritten Mal erst wurde die Chilbi mit einem Gottesdienst im Gemeindesaal eröffnet, umrahmt von Alphornklängen von René Simmen und von passenden Melodien mit der Drehorgel von Hansjörg «Hausi» Burch. In seiner Predigt betonte der Zirkus- und Schaustellerseelsorger Adrian Bolzern die Begabungen, die jeder Mensch in sich trage und die ihn «einzigartig und wertvoll» machten. Genau so seien auch die drei Chilbi-Tage ein einzigartiges Geschehen, das Menschen zusammenbringe: «Die Chilbi ist auch ein gesegneter Ort, wo Menschen friedlich und mit Freude zusammenkommen.» Eine gelungenere Zusammenfassung der Chilbi 2025 lässt sich nicht formulieren.


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