Bei Vermutung auf Telefonbetrug: «Einfach auflegen»
29.01.2025 GesellschaftSicherheit Seit Jahren informieren die Polizei und viele andere Fachstellen über den sogenannten «Enkeltrick». Ein angeblicher Enkel ruft Sie an und braucht Geld. Heutige «Enkel» arbeiten viel raffinierter. Darüber referierte Remo Zemp von der Zuger Polizei am Donschtig-Träff.
FRANZ LUSTENBERGER
«Wie kann man nur so blöd sein?» Mit diesen Worten reagieren Menschen auf Meldungen in den Medien über einen Enkeltrick, bei dem ein Betrüger einer gutgläubigen Person Tausende Franken abgenommen hat. Diesen Satz stellte der Leiter des Bereichs Prävention der Zuger Polizei an den Anfang seiner Ausführungen. Die Frage sei nicht, ob wir überhaupt mit einem Telefonbetrugsversuch konfrontiert würden, sondern wann es passieren wird. Er forderte das vornehmlich ältere Publikum zu einer Antwort auf. In der Tat – es gingen mehrere Hände in die Höhe: Auch in Baar haben schon einige Personen Erlebnisse mit Betrugsversuchen am Telefon erlebt.
Damit zu den Zahlen und dem Ausmass des Telefonbetruges: Gemäss Zemp wurden im Jahr 2023 insgesamt 3’329 Versuche bei den Schweizer Polizeikorps registriert, Tendenz stark steigend gegenüber dem Vorjahr. Die Schadenssumme betrug 11,5 Millionen Franken. Nach einer Schätzung der Organisation Pro Senectute meldet sich nur jede vierte bis fünfte Person bei der Polizei, vor allem aus Scham. Die Zahl der Opfer und die Schadenssumme dürften also deutlich höher liegen.
Enkel, Anwalt, IT-Supporter oder Polizist
Die Telefonbetrüger schlüpfen in alle möglichen Rollen, um vor allem ältere Menschen zur Herausgabe von Geld zu bewegen. Da ist der klassische Enkel, der seiner Oma Geldprobleme vorspielt. Da ist der Polizist. Da ist die Krankenschwester aus einem ausländischen Spital, die erklärt, dass der Sohn einen Autounfall verursacht habe; der andere Fahrer liege im Spital. Zur Deckung solle man sofort 140’000 Franken bereitstellen. Ansonsten der Sohn im Gefängnis lande; der Staatsanwalt ist gleich auch am Telefon und bestätigt den angeblichen Sachverhalt. Oder da ist der Polizist, der vorgibt, im Quartier seien Einbrecher unterwegs; man solle Wertsachen zur Sicherheit abgeben; ein Polizist komme gleich vorbei. Ein IT-Supporter ortet Probleme mit dem Laptop, um so an Kontoangaben und Passwörter zu kommen.
Die Varianten sind zahlreich und kombinierbar. Immer geht es aber darum, das ausgewählte Opfer zu schockieren und damit für Anweisungen empfänglich zu machen. «Man will ja schliesslich helfen, dem Enkel oder der Polizei», bringt Zemp die Reaktion der angerufenen Personen auf den Punkt. Das sind laut Polizei die gefährlichsten Fallen: die Gutmütigkeit und die Hilfsbereitschaft. Man kann dem auch Naivität sagen, denn auf der anderen Seite der Telefonleitung sitzen geschulte und organisierte Profis. Zemp spricht von «betrügerischen Call-Centers.» Entsprechend rät er auf eine Frage aus dem Publikum davon ab, mit den Betrügern mitzuspielen, um sie so zu überführen. Die Betrüger würden auch vermehrt die Künstliche Intelligenz KI benutzen. Eine Software bildet die Stimme einer Person nach, um deren Familienmitglieder zu täuschen. Die Sprachkopie ist überzeugend echt.
Wichtige Tipps der Polizei
Der Leiter des Bereichs «Prävention» der Zuger Polizei hat am Schluss einige wichtige Ratschläge bereit: «Seien Sie misstrauisch bei Geldforderungen am Telefon.» Kein Enkel wolle Geld per Telefon, sondern komme bei der Oma mit einem Blumenstrauss vorbei. Kontrollfragen, die nur die enge Verwandtschaft beantworten könne, böten ebenfalls eine zusätzliche Sicherheit; wie eine Abmachung über bestimmte Stichwörter, die gleich für den Beginn eines Telefongesprächs vereinbart wurden. Persönliche und finanzielle Informationen sollten nie an Unbekannte weitergegeben werden. Und – nie einer fremden Person Geld übergeben.
Man sollte bei einem Schockanruf die betreffende Person oder eine andere Verwandte anrufen. Ganz wichtig, so Zemp: Vorher müsse der verdächtige Anruf selber aktiv beendet werden. Denn die Betrüger blieben in der Leitung. Also unbedingt: «Telefon auflegen!»
Nationale Prävention
Die Schweizerische Kriminalprävention (SKP) ist eine nationale Organisation in der Schweiz, die sich mit der Prävention von Straftaten und der Förderung von Sicherheit in der Gesellschaft befasst. Sie unterstützt und koordiniert Massnahmen zur Kriminalprävention auf nationaler, kantonaler und lokaler Ebene. Die SKP ist Teil der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD). Sie wird von den Polizeikorps der Kantone, Städte und Gemeinden sowie anderen staatlichen Stellen getragen.