Billettautomaten haben definitiv ausgedient
21.05.2025 GesellschaftAm Bahnhof Baar ist die Testphase zur Abschaffung der Billettautomaten der Zugerland Verkehrsbetriebe AG abge - schlossen. Der Test war erfolgreich – zumindest aus Sicht der ZVB.
INGRID HIERONYMI
Anfang Februar kündigten die ZVB an, dass ihre Billettautomaten das Ende ihrer Lebensdauer erreicht hätten. Die Automaten seien über zehn Jahre alt und hätten technische Komponenten, die ab dem 1. Januar 2026 nicht mehr funktionieren würden. Zudem seien sie von den Fahrgästen immer weniger genutzt worden. «Ob eine umfassende Erneuerung noch angezeigt ist, möchte die ZVB mit einem zweimonatigen Test am Bahnhof Baar herausfinden», schrieb das Unternehmen damals in einer Medienmitteilung. Am 10. Februar wurden die beiden Billettautomaten der ZVB am Bahnhof Baar abgebaut. Damit sollte getestet werden, ob die Fahrgäste bereit sind, für den Billettkauf auf andere – vorwiegend digitale – Kanäle zu wechseln.
Im April und Mai haben die ZVB die Ergebnisse der Testphase ausgewertet – mit klaren Resultaten. Gemäss Karin Fröhlich, Mediensprecherin der ZVB, hat der Test sehr gut funktioniert: «Am Bahnhof Baar hat sich gezeigt, dass zwei Drittel der bisherigen Automatennutzer ihre Tickets über andere Verkaufskanäle bezogen, während ein Drittel auf den Kauf direkt beim Fahrpersonal umstieg.» Trotz dieser Verlagerung sei die Pünktlichkeit der Busse unverändert geblieben, da nur 0,01 Prozent der Fahrgäste, die am Bahnhof Baar einstiegen, ihr Ticket im Bus lösten, wie die ZVB in ihrer aktuellen Medienmitteilung schreiben.
Angesichts der positiven Resultate und der bevorstehenden technischen Ausmusterung haben die ZVB entschieden, alle Billettautomaten bis Ende 2025 schrittweise abzubauen. Eine breite Informationskampagne soll sicherstellen, dass alle Kundinnen und Kunden genügend Zeit haben, auf digitale Alternativen wie die Apps «Fairtiq» oder «öV-Plus» umzusteigen oder die Billette im Reisezentrum der SBB zu beziehen. Was die ZVB in ihrer Mitteilung nicht erwähnen, ist, dass die Billette am Bahnhof nach wie vor an den Automaten der SBB gelöst werden können. Daher kann sich, wer am Bahnhof Baar in den Bus steigt, nach wie vor ein Ticket am Automaten besorgen, auch wenn er nicht die Bahn, sondern nur den Bus benutzt. Nicht so in Allenwinden: Dort wird der Billettautomat, welcher derzeit noch an der Bushaltestelle «Dorf» steht, dem Abbau in absehbarer Zeit zum Opfer fallen.
Gibt es nur Gewinner oder auch Verlierer?
Das Verschwinden der Automaten kann für Senioren eine Herausforderung darstellen. Nicht alle sind digital versiert. Gerade ältere Personen, die mit dem Internet nicht vertraut sind oder kein Smartphone besitzen, könnten mit der Umstellung Schwierigkeiten haben. Auch wer mit Krücken oder Rollator unterwegs ist, fühlt sich sicherer, wenn er sein Billett am Automaten lösen kann statt sich beim ohnehin schon schwierigen Einstieg in den Bus mit der Ticketzahlung befassen zu müssen. Nicht nur Ältere, sondern auch Kinder, die noch kein eigenes Mobiltelefon besitzen, sind betroffen. Eltern konnten ihren Kindern bisher problemlos am Automaten ein Ticket kaufen und sie in den Bus setzen. Künftig müssen neue Lösungen gefunden werden für Eltern, die ihren Nachwuchs zum Bus bringen, selbst jedoch nicht mitfahren.
SBB-Automaten als Ausweichlösung, aber nicht überall
In Gemeinden des Kantons Zug, die über einen SBB-Bahnhof verfügen, besteht für Personen, die nicht digital unterwegs sind, auch weiterhin die Möglichkeit, Tickets an Automaten der SBB zu kaufen. Doch für Orte ohne Bahnanschluss, wie beispielsweise die beiden Gemeinden im Ägerital, fällt diese Option weg. Hier sind Fahrgäste ohne App künftig ausschliesslich auf den Ticketkauf im Bus angewiesen. Die Gemeinde Baar war über die Testphase im Voraus informiert worden, wie Christof Gerig, Abteilungsleiter Sicherheit / Werkdienst, auf Anfrage sagt. Ob die übrigen betroffenen Zuger Gemeinden vor dem Entscheid gefragt worden sind, wie sie zum Wegfall der Automaten stehen, ist nicht bekannt. Einzig von der Gemeinde Oberägeri konnte vor Redaktionsschluss ein Feedback eingeholt werden. «Wir sind in dieser Angelegenheit nicht vorgängig zu einer Stellungnahme eingeladen worden», sagt Manuela Käch, Verantwortliche Kommunikation der Gemeinde.
Ist der Ticketverkauf im Bus nicht ein alter Zopf?
Gemäss Mitteilung der ZVB kauft ein Drittel der früheren Automatennutzer seine Tickets nun direkt im Bus. Während die ZVB betonen, dass dies keine Auswirkungen auf die Pünktlichkeit habe, stellt sich die Frage, ob diese Entwicklung als Fortschritt gelten kann. Viele moderne Verkehrsunternehmen, beispielsweise im Zürcher Verkehrsverbund, haben den Ticketverkauf im Bus ganz aufgegeben, um Abläufe zu optimieren und Wartezeiten zu minimieren. Im Übrigen muss beim Modell der ZVB auch weiterhin jeder Bus mit einem Kassensystem ausgerüstet sein. Ob die Beibehaltung dieser Geräte ein sinnvolles Kosten-Nutzenverhältnis aufweist, darf durchaus angezweifelt werden.
Die vollständige Abschaffung der Billettautomaten ist zwar ein bedeutender Schritt in Richtung Digitalisierung des öffentlichen Verkehrs. Doch die ZVB wären gut beraten zu beobachten, ob wirklich alle Fahrgäste profitieren. Nicht dass einzelne Nutzergruppen durch den Wandel auf der Strecke bleiben.