Ein Eldorado für Nostalgiker und Schnäppchenjäger
22.10.2025 GesellschaftBei einladendem Herbstwetter fand der letzte Flohmarkt in diesem Jahr statt. Wer ein persönliches Lieblingsstück suchte, hatte die Qual der Wahl.
INGRID HIERONYMI
Wenn die herbstliche Blätterpracht leuchtet und der Duft von Marroni in der Luft schwebt, verwandelt sich Baar in ein Paradies für Schatzsucher. Der Herbstflohmarkt am vergangenen Samstag bot einmal mehr eine Bühne für Begegnungen, Entdeckungen und das charmante Chaos des Feilschens. Zwischen Rathus-Schüür und Schulhausplatz herrschte bei strahlend schönem Oktoberwetter reger Betrieb. Schon früh am Morgen richteten Verkäufer ihre Stände liebevoll her: Porzellanfiguren neben Kuhglocken, handgestrickte Mützen neben alten Postkarten. Besonders ins Auge fielen die zahlreichen Kinderspielsachen, die zum Verkauf angeboten wurden. Vielleicht wollte der eine oder die andere schon heute Platz machen für die in gut zwei Monaten eintreffenden Weihnachtsgeschenke.
Platzchef mit Überblick
Für Ordnung und Fairness sorgte erneut Reto Stadelmann, der seit diesem Frühjahr als Platzchef tätig ist. Die neue Funktion mache ihm richtig Spass, sagt er auf Anfrage. Als langjähriger Standbauer kennt er die Marktlogistik aus dem Effeff. Seine Aufgaben reichen von der Zuteilung der Standplätze bis zur Kontrolle der Waren. Sehr erfreut zeigt er sich über den grossen Andrang auf die Standplätze für den Herbstflohmarkt: «Wir haben mit 80 vergebenen Ständen einen neuen Rekord aufgestellt.» Beim letzten Flohmarkt seien es noch 70 Plätze gewesen. Die Kontrolle der Waren sei auch ohne Probleme verlaufen. Gemäss Reglement darf der Anteil an Altkleidern pro Stand maximal 30 Prozent betragen, da die Gemeinde verhindern will, dass der Flohmarkt zur Kleiderbörse verkommt. Beschwert habe sich deswegen niemand. Für die Baarerin Albina Dzajic, die bereits seit über fünf Jahren beim Flohmarkt dabei ist und unter anderem Kleider anbietet, aus denen ihre Kinder herausgewachsen sind, ist das jedenfalls kein Problem: «Man kann ja am separaten Kleidermarkt, der zwei Mal pro Jahr stattfindet, auch Secondhand-Kleider verkaufen.»
Freude bereiten im Fokus
Martina Fricker und ihre Schwiegertochter Eva-Maria Ruchti sind zum ersten Mal am Flohmarkt dabei und freuen sich, dass ihr Stand sogleich Beachtung findet. «Es ist ein schönes Gefühl, jemand anderem eine Freude zu bereiten mit Sachen, die einem selber auch lange Freude gemacht haben», sagt Ruchti. So trennt sie sich nach langer Zeit von einem schönen Spitzenkleid, das sie bei der Hochzeit einer Freundin getragen hat und mit dem sie einige schöne Erinnerungen verbindet. Zu verkaufen ist auch ein Katzen-Tragkorb, der für ihren Stubentiger inzwischen zu klein geworden ist. Ruchti hat sich sorgfältig auf die Flohmarkt-Premiere vorbereitet und überlässt nichts dem Zufall. So hat sie sich beispielsweise auf Ricardo, anderen Märkten und im Brockenhaus umgeschaut, um für jeden Artikel einen angemessenen Verkaufspreis zu ermitteln.
Schon seit über 15 Jahren verkaufen Josef Huber und sein Sohn Markus allerlei Nippes und Kuriositäten auf dem Flohmarkt Baar. Sie finden, dass man den Preis ruhig etwas höher ansetzen könne, damit beim Feilschen noch etwas Luft nach unten bleibt. Das Verkaufen an sich steht für die beiden jedoch nicht im Vordergrund. «Es geht vor allem darum, anderen eine Freude zu machen und den Kontakt mit den Besuchern zu pflegen», sagt Markus Huber, der lange in Baar wohnhaft war und gerne wieder zurückkehren möchte.
Die 80-jährige Vreni Baumann aus Stallikon ist sozusagen ein Markt-Urgestein. Sie war mit ihren Nippes und Kuriositäten bereits in den 60er Jahren unterwegs, als Flohmärkte in der Schweiz erst im Aufkommen waren. Früher habe man als Verkäufer bessere Preise erzielt, da sich auch Personen in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen gerne an Flohmärkten mit Alltagsgegenständen eingedeckt hätten. Auch seien jeweils bereits am frühen Morgen Goldhändler gekommen, die gute Preise für nicht mehr getragenen Schmuck gezahlt hätten. Heute sei das Flanieren an Märkten für die Besucher in erster Linie ein Zeitvertreib, bei welchem die Kaufabsicht eher in den Hintergrund trete.
Begegnungen im Herbstlicht
Neben dem Handel stand auch das Miteinander im Fokus. Menschen unterschiedlichster Herkunft kamen ins Gespräch, genossen eine Bratwurst oder asiatische Spezialitäten oder verweilten bei Kaffee und Wein vor der Rathus-Schüür. Zwar werden keine Besucherzahlen erhoben, doch das ständige Kommen und Gehen sprach für sich. Besonders beliebt sind traditionell der erste Markt der Saison sowie der Herbsttermin nach den Sommerferien. Auch diesmal war das Interesse gross und die Stimmung heiter. Wer Freude am Stöbern hatte, kam voll auf seine Kosten. Von nostalgischen Nippsachen über seltene Sammlerstücke bis hin zu überraschenden Entdeckungen – der Herbstflohmarkt bot eine breite Palette. Und wer leer ausging, kann sich in Vorfreude üben. Die Markttermine für das kommende Jahr stehen nämlich bereits fest.
Flohmärkte 2026
25. April, 27. Juni, 5. September, 17. Oktober, von 8 bis 16 Uhr auf dem Schulhausplatz Marktgasse



