Ein Gewinn für alle Generationen
27.08.2025 Schule/MusikschuleEinmal pro Woche wechseln Seniorinnen und Senioren vom Ruhestand zurück ins Klassenzimmer. Nicht als Lehrerperson, sondern als unterstützende Bezugsperson. Im Rahmen des Projekts «Generationen im Klassenzimmer» engagieren sie sich ehrenamtlich an der Schule Sennweid.
RAHEL HEGGLIN
Die Initiative dazu kam von der Seniorin Lidwina Bilgerig. Durch eine Freundin erfuhr sie von einem ähnlichen Projekt in einer anderen Zentralschweizer Gemeinde und erkundigte sich bei Pro Senectute, ob es dieses Angebot auch in Baar gäbe. Pro Senectute wiederum fragte in Baar nach und stiess dort auf offene Ohren: Denn zur gleichen Zeit beschäftigte sich auch Schulleiter Adrian Estermann mit dem Gedanken, das Projekt «Generationen im Klassenzimmer» zu realisieren. «So entstanden erste Gespräche. Zunächst mit der Projektverantwortlichen bei Pro Senectute, danach mit Lidwina Bilgerig und Thomas Straub. Auch er ist Senior und wollte sich an der Schule engagieren», erinnert sich Estermann. Im Gespräch mit der Schulleitung wurden die Interessen abgeklärt: «Ich wollte vor allem beim Lesen oder im Musikunterricht unterstützen», sagt Bilgerig. Thomas Straub hingegen wollte sich handwerklich einbringen und im Werkunterricht helfen.
Hilft, wo Hilfe benötigt wird
Seit dem Schuljahr 2023/24 sind die beiden nun im Schulhaus Sennweid im Einsatz. Bilgerig jeweils am Dienstagnachmittag während zwei Lektionen in der 4. Klasse von Siona Hürlimann, Straub in der 4. Klasse von Lea Rinderli. «Seniorinnen und Senioren sind in der Regel an eine Lehrperson gebunden, nicht an eine bestimmte Klasse», erklärt Estermann.
Der Einstieg wie auch der Schulalltag verliefen und verlaufen unkompliziert. «Lidwina ist einfach da. Sie kommt, ich erkläre ihr, was wir geplant haben, und sie unterstützt uns alle», sagt Hürlimann. Absprachen im Voraus seien kaum nötig. Auch wenn die Seniorin keine eigenen Unterrichtseinheiten übernimmt, ist ihre Hilfe sehr wertvoll. So etwa bei individuellen Leseeinheiten, bei praktischen Aufgaben oder einfach durch ihre Präsenz im Klassenzimmer.
Wichtige Bezugsperson
Auch die Schülerinnen und Schüler schätzen die Anwesenheit der 72jährigen. Wie etwa die 10-jährige Maelle und die 11-jährige Nuria. «Es ist cool, dass wir sozusagen eine zusätzliche Lehrperson haben. Sie hilft bei Gruppenarbeiten oder beim Lesetraining. Sie kann Wörter gut erklären, die wir nicht verstehen», erzählt Maelle. Auch Nuria ist begeistert: «Ich gehe gerne mit ihr in den Garten. Sie gibt immer Tipps und hilft uns.»
Die Wertschätzung ist gegenseitig. «Die zwei Lektionen pro Woche machen mir viel Freude und ich lerne dazu, besonders von den DAZ-Kindern», sagt Bilgerig. Auch Hürlimann bestätigt, dass Bilgerig längst ein fester Bestandteil des Unterrichts geworden ist: «Die Kinder fragen nach ihr, wenn sie einmal nicht da ist. Und sie freuen sich, wenn sie Lidwina ausserhalb des Klassenzimmers sehen.»
Dass man Kinder gerne haben muss, sei eine wichtige Voraussetzung für diese Aufgabe, so Bilgerig. «Geduld und Spontanität helfen ebenfalls.» Ihre frühere Erfahrung als Musiklehrerin kommt ihr in ihrer heutigen Rolle zugute, auch wenn das keine Voraussetzung für die Teilnahme am Projekt ist. Sie selbst war vor ihrer Pensionierung an den Musikschulen Dorfmatt und Allenwinden tätig.
Seniorinnen und Senioren gesucht
Aktuell engagieren sich in Baar vier Seniorinnen und Senioren auf verschiedenen Schulstufen. Gerne würde Schulleiter Estermann das Projekt ausweiten. Deshalb ruft er weitere Baarer Seniorinnen und Senioren auf, sich bei Interesse direkt bei Pro Senectute zu melden. Diese stellt dann den Kontakt zu den Schulen her.
Informationen für Interessierte
Das Projekt «Generationen im Klassenzimmer» existiert im Kanton Zug seit 2011. Die Seniorinnen und Senioren wählen selbst, in welchem Bereich und auf welcher Schulstufe sie tätig sein möchten. Das Engagement ist ehrenamtlich, dennoch gibt es eine kleine Spesenentschädigung, ein Dankesessen, ein jährliches Weiterbildungstreffen und Vergünstigungen bei Kursen von Pro Senectute Kanton Zug. «Zudem sind die Freiwilligen während ihrer Einsätze über Pro Senectute unfall- und haftpflichtversichert», erklärt Caroline Keller von Pro Senectute. Sie klärt jeweils im persönlichen Gespräch mit den Seniorinnen und Senioren ab, ob die Motivation und die Vorstellungen zur Aufgabe passen. «Wichtig ist, dass man Freude an der Arbeit mit Kindern hat, eine unterstützende Rolle übernimmt und den Unterrichtsstil, respektive die Anweisungen der Lehrperson respektiert», so Keller. Interessierte können sich bei ihr via E-Mail caroline. [email protected] oder Telefon 041 511 15 31 melden.