Ein zukunftsfähiges Baar für alle – Verantwortung bei der künftigen Bebauung
11.09.2024 ParteiforumDas heutige Parteiforum widmet sich der Zukunft zur Gemeinde Baar. Denn mit vielen geplanten Grossprojekten, wird sich das Ortsbild verändern.
Am 22. September stimmt die Baarer Bevölkerung über zwei Bebauungspläne ab. Dabei geht es um die Entwicklung im Unterfeld Süd und in der Ecke Marktgasse – Rigistrasse.
Grosse Bautätigkeiten im Visir
In naher Zukunft stehen noch weitere Grossprojekte wie das Spinni-Areal, die Ersatzbauten in Inwil oder das Areal bei der Obermühle an. Die Realisierung
solcher Grossprojekte wird Einfluss auf das Ortsbild, der Verkehr und die Bevölkerung in der Gemeinde Baar haben.
Wie soll sich Baar entwickeln?
Deshalb wollte die ALG Baar in diesem Parteiforum von den anderen Ortspar- teien wissen, welche Akzente die Gemeinde bei diesen Bebauungen setzen soll. Oder aber, welche Punkte es mit den Investoren zu fixieren gilt, damit die Auswirkungen verträglich sind und auch die heutige Bevölkerung in Baar von diesen Projekten profitieren kann
SVP
Adrian Rogger
Die rasche Entwicklung bereitet der SVP Baar Sorgen. Diverse Grossprojekte sind aktuell in der Pipeline. Doch ist Baar überhaupt imstande, diese Entwicklung zu stemmen?
Ist es sinnvoll, das Bevölkerungswachstum in Baar anzutreiben, wenn das System am Anschlag läuft?
Strassen und ÖV sind stark belastet und können kaum weiter ausgebaut werden, da schlicht kein Platz vorhanden ist. Parkplätze nehmen seit Jahren im Verhältnis zur Baarer Bevölkerung rasant ab und Infrastrukturen wie Sportplätze, Strassen, Schulraum, Veranstaltungsräume stossen an ihre Kapazitätsgrenzen.
Das Naherholungsgebiet ist überlaufen und Hausarztplätze gibt es schon längst keine mehr.
Als Bedingung für Grossprojekte und mehr Wohnraum müsste die Gemeinde jeweils vorausschauend, etappenweise und realistisch die Umweltfaktoren und Abhängigkeiten mitplanen. Eine gute und enge Zusammenarbeit zwischen Investoren und Bauherren und der Gemeinde ist deshalb um so wichtiger. Investoren und Bauherren müssen mehr in die Verantwortung genommen werden. So zum Beispiel bei der Realisierung von Kitas und Kindergärten, von optimalen Zufahrtsstrassen, ÖV-Anbindungen, genügend Parkplätzen, und so weiter.
Im Falle des Grossprojekts Unterfeld Süd wäre der nächste Kindergarten aktuell rund einem Kilometer entfernt.
Ausserdem sollte die Gemeinde rechtlich sicherstellen, dass neu erstellter Wohnraum vorrangig bereits hier wohnhaften Baarerinnen und Baarer zugute kommt.
FDP
Reto Leutenegger Gemeinderats-Kandidat
Akzente der Gemeinde
Die Gemeinde soll auf eine wirtschaftlich sinnvolle und nachhaltige Entwicklung setzen, die den Standort Baar langfristig stärkt. Wichtig ist eine effi- ziente Flächennutzung mit solider Infrastruktur. Vielfältiger Wohnraum mit einem Mix aus Miet- und Eigentumswohnungen fördert die Ansiedlung verschiedener Bevölkerungsgruppen, wie Familien und Fachkräfte. Verkehrslösungen müssen gut geplant sein. Sowohl eine hervorragende Anbindung an den öffentlichen Verkehr als auch ausreichende Parkmöglichkeiten müssen gewährleistet sein. Eine moderate Einbindung der Bevölkerung ist sinnvoll, um Akzeptanz zu schaffen, ohne das Projekt unnötig zu verzögern.
Punkte zur Fixierung mit Investoren
Investoren sollten sich zu klaren Nutzungsvorgaben verpflichten, die eine effiziente Flächennutzung und mark- torientierten Wohnungsbau sicherstellen. Grundsätzlich kann auch eine spätere Umnutzung zum Beispiel bei schlechter Rentabilität von Gewerbezonen diskutiert werden. Ein durchdachtes Verkehrskonzept, das den Bedürfnissen der heutigen und künftigen Bevölkerung gerecht wird, müssen geprüft und fixiert werden. Investoren
können gegebenenfalls an den Kosten für die öffentliche Infrastruktur und Massnahmen zur Erhöhung der Sicherheit beteiligt werden. Schlussendlich ist eine pragmatische Kommunikation zwischen Gemeinde, Investoren und Bevölkerung essenziell, um Vertrauen zu schaffen und die Vorteile des Projekts klar zu vermitteln.
Die Mitte
Vital Hotz, Gemeinderats-Kandidat
Da bei grösseren Bebauungsplänen von der Gemeinde ein Architekturwettbewerb gefordert wird, entstehen meist clever und gut durchdachte Gebäudestrukturen mit sinnvollen Grünflächen und geregelter Erschliessung.
Die Gemeinde kann über die im Zonenplan festgelegte Ausnützungsziffer
Einfluss auf das Bauprojekt ausüben.
Durch eine Erhöhung dieser Ziffer kann sie dem Bauherrn ermöglichen, mehr Wohnungen zu errichten, als es die Regelbauweise zulässt. Im Gegenzug soll die Gemeinde vom Bauherrn die Schaffung von mehr preisgünstigem Wohnraum verlangen. Dies führt zu grösserer, innerer Verdichtung und mehr Wohnraum. Nach Möglichkeit und Lage dürfen auch spezielle Wohnformen für konkrete Zielgruppen eingefordert werden wie zum Beispiel für Wohnen im Alter. Diese Räume können, wie im Unterfeld gut gelöst, direkt an nichtgewinnorientierte Wohnbaugenossenschaften weitergegeben werden.
Es ist ebenfalls darauf zu achten, dass sinnvolle Gewerbeflächen mit guter Erschliessung entstehen können.
Ein grosser Kostentreiber sind lange Bewilligungsverfahren und aufwändige weitere Auflagen im Bewilligungsund Bauprozess. Diese auflaufenden
Mehrkosten werden schlussendlich weiterverrechnet und verteuern die Wohnsituation für die Bevölkerung genauso wie über Jahre laufende Einsprachen. Bei einigen dieser Punkte kann unsere Bauabteilung direkt Einfluss nehmen.
GLP
Martin Zimmermann
Diese Projekte sorgen für dringend benötigten Wohnraum in unserer Gemeinde. Ein Thema, welches eines der dringlichsten ist in Baar.
Doch Wohnraum ist nicht gleich Wohnraum. Die Wohnungen sollen einer breiten Bevölkerungsschicht dienen und die Möglichkeiten an preisgünstigem Wohnbau sind so gut es geht auszuschöpfen. Hier wurden allerdings bereits viele Massnahmen getroffen.
Was allerdings auch weitere wichtige Punkte sind, sind eine nachhaltige, energieschonende und ökologische Bauweise, eine Umgebungsgestaltung, welche eine gute Aufenthaltsqualität hat und klimakompatibel begrünt ist. Betreffend Erdgeschossnutzung, Verkehrserschliessung, Schulwegplanung, Kleinschulhäuser, Einbettung ins Ortsbild und vielem mehr gäbe es noch einiges mehr zu schreiben, als die verfügbaren Zeichen hergeben.
Abschliessend finde ich es allerdings wichtig, noch folgendes zu erwähnen: Bauen in Baar ist attraktiv, und es können gute Gewinne gemacht werden. So hat die Gemeinde auch gute Argumente in der Hand, für die Bevölkerung gute Vorteile zu verhandeln. Allerdings gilt es immer, den Bogen nicht zu überspannen. Also müssen wir gut verhandeln, aber dürfen Investoren nicht vergraulen, dass schlussendlich in Regelbauweise (wo erlaubt) in Umgehung unserer Möglichkeiten gebaut wird oder Bauprojekte auf die lange Bank geschoben werden.
SP
Ronahi Yener
Kantonsrätin SP Baar
Die SP Baar setzt sich bei allen zukünftigen Bauprojekten für eine klare Priorisierung von bezahlbarem Wohnraum ein. Es reicht nicht, einfach zu bauen – die Gemeinde muss mutig verhandeln und durch verbindliche Quoten sicherstellen, dass ausreichend Wohnraum für alle Baarerinnen und Baarer bereitgestellt wird. Insbesondere Familien, ältere Menschen und Junge dürfen nicht verdrängt werden.
Neben der Wohnraumfrage darf der Klimawandel nicht ignoriert werden. Neue Überbauungen müssen zwingend ökologische Mindeststandards erfüllen.
Bauten sollten energieeffizient und klimaneutral sein, mit Solaranlagen und umweltfreundlichen Baustoffen. Eine nachhaltige Verkehrspolitik ist ebenfalls unerlässlich: Verkehrsberuhigte Zonen, sichere Velowege und ein Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs müssen integraler Bestandteil der Planung sein, um die Lebensqualität in Baar langfristig zu sichern.
Ein weiteres Ziel ist die Schaffung lebendiger Quartiere. Öffentliche Plätze,
Grünflächen und Begegnungsstätten fördern das Zusammenleben und stärken den sozialen Zusammenhalt. Wie beim «Spinnerei»-Areal müssen auch künftige Projekte Raum für ein Miteinander bieten und so das Gemeindeleben bereichern.
Eine klare Haltung gegenüber Investoren ist entscheidend. Soziale und
ökologische Auflagen müssen verbind- lich in den Bebauungsplänen verankert werden. Die Spekulation kann so und durch die Zusammenarbeit mit Wohnbaugenossenschaften eingedämmt werden. Nur durch klare Regeln profitieren alle Baarerinnen und Baarer von diesen Projekten.
ALG
Simon Uster, Vorstand ALG Baar, Gemeinderats-Kandidat
Lebendige Quartiere Dank Wohnungsmix und vielfältigen Nutzungen
Die Grossprojekte wie das Spinni-Areal, die Obermühle oder das Unterfeld werden das Erscheinungsbild von Baar stark verändern. Die Chance, lebenswerte Quartiere zu gestalten, muss genutzt werden. Deshalb soll die Gemeinde klare Vorstellungen entwickeln und diese als Vorgaben durchsetzen.
Ein zentraler Punkt ist ein hoher Anteil an bezahlbarem Wohnraum. Damit Baar für alle Einkommensklassen attraktiv bleibt, sollten Investoren
verpflichtet werden, einen Anteil der Wohnungen zu vergünstigten Preisen zu vermieten. Im Gegenzug kann verdichteter gebaut werden. Neben dem Wohnraum sollen auch Kitas, Cafés, Restaurants, Einkaufsläden und Begegnungszonen dazu beitragen, dass sich die Bewohnerinnen und Bewohner wohlfühlen. Sind wichtige Anlaufstellen zu Fuss erreichbar, kann Verkehr vermieden werden.
Breite Gehwege, sichere Velostreifen und autofreie Zonen im Inneren der Überbauungen steigern die Verkehrssicherheit und Wohnqualität. Wichtig ist auch eine gute Anbindung der Grossprojekte an den öffentlichen Verkehr. Die nötigen Parkplätze sollen unterirdisch angelegt werden, um Flächen für Grünräume freizuhalten. Angesichts der Hitzeperioden und häufigeren Starkniederschläge sind Grünflächen wichtig, um die Klimaveränderungen abzufedern. Asphaltierte Plätze können kein Wasser aufnehmen und speichern die Hitze.
Mit klaren Leitlinien wird sichergestellt, dass in Baar neue, lebenswerte Quartiere entstehen – bewohnt von möglichst vielen Baarerinnen und Baarern – und einem Mehrwert für Bewohnende und Bevölkerung.
Das Parteiforum
Diese Rubrik soll den Ortsparteien die Möglichkeit geben, zu einem aktuellen Thema Stellung zu nehmen. Dieses Thema wird abwechselnd von einer Partei vorgegeben.
Sechsmal im Jahr erscheint das Parteiforum in der Baarer Zytig. Über das vorgegebene Thema, wie auch über die Antworten, sind die Parteien, und nicht die Baarer Zytig-Redaktion verantwortlich.