Einmalige Einblicke in die Baarer Geschichte

  03.07.2024 Gesellschaft, Musik/Kultur

Drei Institutionen organisierten ein Fest. Im Baarer Rathaus lief eine Tonbildschau, in welcher Baars Geschichte in Kurzform zu sehen war. In der Kirche St. Martin gab es seltene Zeugnisse hoher Kunst zu sehen.

MARCO MOROSOLI

Überraschungen machen das Leben süss. Oftmals schreibt der Zufall das Drehbuch. In einem solchen Film fand sich am vergangenen Samstag, 29. Juni der Australier Andrew Menner (50) wieder. Er kam nach Baar, um in der St.-Anna-Kapelle sein Familien-Wappen anzusehen. Es zeigt die in weiss gehaltenen Buchstaben H, M und die Zahl 4. Das alles auf blauem Grund.

«Mein Vater hat mich zu diesem Besuch animiert», sagte der in Sydney wohnende Wirtschaftsmann. Nun sei er auf Geschäftsreise durch die Schweiz und habe sich Zeit herausgenommen, um einen Abstecher nach Baar machen zu können. Durch die ungeplante Konstellation der 150-Jahr-Feier des Dreigestirns Katholische Kirchgemeinde, Bürgergemeinde und Einwohnergemeinde und Menners Heimatbesuch nimmt der Reisende viel mehr Baarer Geschichte im Gepäck mit nach Hause, als er sich dies erträumen konnte.

Toll fand Menner natürlich, dass er eine Privatführung in englischer Sprache durch die St.-Martins-Kirche erhielt. Dafür war der Schreiber der Katholischen Kirchgemeinde, Stefan Doppmann verantwortlich. Der Name Menner war noch im letzten Jahrhundert in Baar geläufig. Es gab auch ein Menner-Haus in der Nähe des Baarer Rathauses.

Dürftige Quellenlage in der Sache Menner
Im Zuger Wappenbach von Albert Iten und Ernst Zumbach findet sich das Menner-Familienwappen. Schriftliches haben die Menners in Baar kaum hinterlassen, wie dem Zuger Wappenbuch zu entnehmen ist. Erstmals erwähnt ist das Geschlecht im Jahre 1626. Der Baarer Menner-Stamm dürfte mittlerweile ausgestorben sein.

Beliebt bei den Festgängern war auch die Besichtigung des Turms der St.-Martins-Kirche. Dieser hat eine Höhe von etwas mehr als 40 Metern. Ob der heutige Kirchturm einst als Wehrturm genutzt wurde, ist unklar. Klar ist, dass das Aufund Absteigen vom Kirchturm Trittsicherheit voraussetzt.

Ebenso interessant waren die Führungen durch die St.-Martins-Kirche. Viele kleine Details im Kircheninnern füllten die Führenden mit interessanten Geschichten. Hans-Peter Bart, ein langjähriger Kirchenschreiber, bot dann in einer anderen Führung Einblicke in den Baarer Kirchenschatz. Dazu gehören viele goldene Kelche aus vier Jahrhunderten. Zu fast jedem wusste Bart etwas zu berichten. Er sagte: «Jedes Kulturgut hat seine Geschichte.» Zum Schmunzeln waren Barts Bemerkungen zu den zahlreich vorhandenen Reliquien: «Es gibt mehr Knochen als Heilige.» Ob ein in Baar vorhandenes Stück Tuch, wirklich vom Blut des Heiligen Silvan getränkt wurde, kann in Zweifel gezogen werden.

Beim grossen Fest der drei Baarer Gemeinden, welche 1874 aus der Einheitsgemeinde entstanden, spielte aber auch die Gegenwart eine wichtige Rolle. In der vor dem Rathaus aufgestellten Festbeiz waren viele anzutreffen, die wohl gleich den Frühschoppen auf dieses Gelände verschoben. Der ehemalige Gemeinderat Paul Langenegger bezeichnete die Veranstaltung als würdig. Ihm gefielen auch die Ansprachen, mit denen das Fest seinen Anfang genommen hatte.

Bereits in zwei Jahren gibt es in Baar wieder ein grosses Fest mit einem Geschichtshintergrund
Langenegger hätte sich eigentlich nur eine etwas längere Festdauer gewünscht. Darauf angesprochen erklärte der aktuelle Gemeindepräsident Walter Lipp, dass sich alle drei Parteien auf den Festschluss um 15 Uhr geeinigt hätten. Das Fest sei auch nicht wegen des später anstehenden Spiels zwischen der Schweiz und Italien so früh ausgeklungen.

Der kurzen Festdauer vermochte der ehemalige EVZ-Präsident Freddy Egli Positives abzugewinnen: «In der Kürze liegt die Würze.» Zudem findet in zwei Monaten das Baarer Dorffest statt. Eine Veranstaltung für Menschen mit wachem Reflex bis in die frühen Morgenstunden.

Wer übrigens das Werden der drei Baarer Gemeinden anschauen oder nochmals anschauen will, kann dies auf der Webseite der Gemeinde Baar (www. baar.ch).

Das nächste Fest mit viel Geschichte findet 2026 statt. Dann feiert Baar das Fünfhundert-Jahr-Jubiläum seiner Ablösung vom Kloster Kappel. Seit diesem Ereignis heisst Baar nicht nur Baar, sondern «alt fry Baar».


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