Es braucht einen Zusatzkredit

  11.09.2024 Region

Der Kanton saniert derzeit die im Jahre 1910 eröffnete Lorzentobelbrücke. Die Arbeiten sind komplex und dauern deshalb länger als geplant.

MARCO MOROSOLI

Jährlich finden Anfang September die europäischen Tage des Denkmals statt. In diesem Jahr stand dieser Tag in der Zentralschweiz unter dem Motto «Vernetzt». Somit passte ein Rundgang am Samstag auf der mittleren Lorzentobelbrücke aus dem Jahre 1910 perfekt in dieses Denkmaltag-Konzept. Die «mittlere Brücke» deshalb, weil sie die erste aus Holz (Baujahr 1759) im Talboden ersetzte. Die Brückenführungen, organisiert vom Zuger Naturschutz, fand in zwei grossen Gruppen statt. Hauptredner war der Projektleiter der Sanierungsarbeiten, Werner Portmann. Dieser Experte aus der Zuger Baudirektion schaffte es, nicht allzu umfassende Reden zu führen. Das verbesserte die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden über die längere Zeit der Führung ungemein.

Was Portmann zu erzählen hatte, liess viele staunen. Dass der Fachmann vom Kanton von einer komplexen Sanierung sprach, nahm ihm jeder ab. Ei- nerseits muss der kantonale Projektleiter und sein Team die Brücke für die Zukunft rüsten. Und dies geschieht unter Beobachtung vieler externer Stellen, die allesamt Einfluss nehmen wollen.

Der Tiefbauspezialist erwähnte zum Beispiel, dass die Suva verlangte, einen Lift in einen der Pfeiler der ehrwürdigen Lorzentobelbrücke einzubauen. Ebenso galt die Richtschnur, möglichst viele der originalen Sandsteinquader zu verbauen. Wo dies unmöglich war, musste ein farblich identischer Ersatz her.

Werner Portmann sagt denn auch: «Es galt, jeden Stein zu kontrollieren.» Um die Sechsbogenbrücke an beiden Enden im Erdreich zu befestigen, setzten die Baufachkräfte sogenannte Anker. Ein Messgerät ist dort auch schon platziert. Dieses meldet, wenn sich in diesem Bereich der Brücke etwas verändert.

Die Brücke ist bald wieder wie neu
Portmann, der Projektleiter der Instandsetzung der Brücke, wagte einen Blick in die Zukunft: «Tausend Jahre wird die Brücke nicht halten, aber hun- dert Jahre schon.» Um dieses Zeitfenster zu erreichen, müssen die Fachkräfte, und natürlich auch ihr Vorgesetzter, noch etwas länger auf der Baustelle bleiben. Die Bauarbeiten sind aus verschiedenen Gründen erst im Mai 2025 fertig.

Inwiefern die Ausgaben wegen Wünschen der verschiedenen involvierten Parteien (Denkmalschutz, Heimatschutz, Landschafts- und Naturschutz) gestiegen sind, ist schwer zu sagen. Ins Geld gehen die noch anzubringenden Gitter, die Suizidgefährdete von ihrem Tun abhalten sollen. Die Bauführung hat verschiedene Erzeugnisse getestet und sich für einen 2,30 Meter hohen Zaun entschieden. Gewisse Beteiligte an der Sanierung hätten lieber eine Höhe von 2,8 Meter gesehen. Sie konnten sich aber nicht durchsetzen.

Wer auf der Lorzentobelbrücke herumläuft, dem fällt es schwer zu glauben, dass bis Mitte 1985 der Verkehr zwischen dem Berg und dem Tal dort durchführte. Bis 1955 gab es sogar noch Tramschienen für die Strecken aus Zug nach Oberägeri und nach Menzingen.

Diese Verlängerung wirkt sich auch auf die Sanierungskosten aus. Geplant war eine Summe von rund fünf Millionen Franken. Jetzt gilt es, nochmals rund 1,7 Millionen Franken einzuschiessen. Wie Portmann gegenüber der Baarer Zytig bestätigt, befindet sich der Zusatzkredit derzeit bei der Tiefbaukommission des Zuger Kantonsrats.

Verschiedene Anläufe bis zur Sanierung gemacht
Womöglich wäre das Brückenwerk billiger zu sanieren gewesen, wenn die Instandsetzung nicht wiederholt verschoben worden wäre. Eine vor rund zehn Jahren angedachte Brückenreparatur kam zur Unzeit. Der Kanton Zug musste sparen und suchte händeringend Möglichkeiten dazu.

Mittlerweile wechselte der Wind die Richtung. Geld ist verfügbar. Dass die Steinbogenbrücke über die Lorze überhaupt noch steht, das ist auch einem Baarer zu verdanken. Der Kanton Zug hatte den Plan, die Brücke aus dem Jahre 1910 zu sprengen. Dies, nachdem die heute noch befahrene Brücke 1985 eröffnet worden war. Es bildete sich ein Initiativ-Komitee, in dem der Baarer Jürg Dübendorfer (1941–2023) eine treibende Kraft war. Er arbeitete als Bauingenieur, war beim Bau der dritten Brücke mit dabei – als Fachkraft.

Später sass er im Baarer Gemeinderat (1987–2006). Diesen präsidierte der FDP-Mann von 2003 bis 2006. Das Initiativ-Komitee sammelte rund 4’500 Unterschriften für die Initiative. In der Abstimmung Ende Juni 1986 sagten zwei Drittel der abstimmenden Zuger und Zugerinnen Ja zum Erhalt des Steinbogenviadukts. Der im Vorjahr verstorbene FDP-Politiker Dübendorfer sagte der Ingenieur-Zeitschrift guck- loch.ch: «Man macht sich mit einem solchen Engagement keine Freunde – aber es hat sich gelohnt.»

Der für Menzingen und das Ägerital wichtige Brückenschlag im Jahre 1910 – vorher waren die Berggemeinden nur über Umwege erreichbar – musste auch die Hürde «Volksabstimmung» nehmen. Die Stadt Zug, Oberägeri, Unterägeri, Menzingen sagten klar Ja. Baar nur knapp. Derweil lehnten alle anderen Zuger Gemeinden die Initiative ab. Am geringsten war der Zuspruch in Walchwil (13 Prozent Ja).

Wer von Baar im Lorzentobel in Richtung Schmittli-Neuägeri wandert, hat alle drei Brücken über die Lorze im Blickfeld. Eine in der Schweiz aussergewöhnliche Trilogie. Ein anderes Beispiel wären noch die Sitter-Brücken in der Stadt St. Gallen.

 


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