Esther Staub verabschiedet sich von der Halle 44
22.10.2025 GesellschaftMit Esther Staub geht Ende Oktober eine Frau in den Ruhestand, die die Institution umsichtig geleitet und unzählige Menschen auf ihrem Weg zurück in den Arbeitsmarkt begleitet hat.
INGRID HIERONYMI
Als Esther Staub im Jahr 2000 ihre Arbeit beim Verein Arbeitsmarkt (VAM) aufnahm, war die Halle 44 noch in Zug beheimatet und hiess «Werkplatz Zug». Der Umzug nach Baar markierte einen Wendepunkt: mehr Raum, ein grösserer Shop, neue Möglichkeiten. «Mit dem Umzug von der Hofstrasse in Zug nach der Altgasse in Baar konnten wir sicher einen weiteren Meilenstein in unserer Geschichte begehen», sagt Staub. Besonders stolz ist sie auf den Bücherservice, der seit 2010 betrieben wird und jährlich bis zu 45’000 Bücher in neue Hände bringt. Die Bücher kommen aus den Sammelstellen der Gemeinden oder werden von Privatpersonen direkt in der Halle 44 abgegeben. Anschliessend werden sie in der Sortierstation nach Themen geordnet und ausgestellt. Die Bibliothek wurde mehrfach erweitert, zuletzt mit einem liebevoll gestalteten Themenraum, der sich vom «Krimizimmer» zum heutigen «Kinderzimmer» entwickelte.
In der Öffentlichkeit wahrgenommen wird die Institution vor allem mit den Oster- und Weihnachtsmärkten. «Meilensteine in jedem Jahr für Fachleitende und Teilnehmende sind jeweils unsere Märkte», betont Staub. «Über die Jahre konnten wir uns hier eine grosse Stammkundschaft aufbauen, die sich jedes Jahr auf unsere kreativen Ideen und Umsetzungen freut.» Der diesjährige Weihnachtsmarkt findet Ende November statt. Mit der Produktion für den Markt wurde bereits kurz nach Ostern begonnen. Neben Dekorationen warten liebevoll handgearbeitete Geschenkartikel auf die Besucher. «Wenn ich den Zulauf, den wir heute an diesen Anlässen haben, über die letzten Jahre betrachte, dürfen das Team und ich auf das Erreichte sicher stolz sein», sagt Staub. Wer keine Gelegenheit hat, die Märkte zu besuchen, kann sich auch im Shop mit allerlei schönen Sachen eindecken.
Wandel und Herausforderung: Die Zielgruppe verändert sich
Die Teilnehmenden der Einsatzprogramme kommen aus unterschiedlichsten Lebenssituationen. «Mehrfachproblematiken haben zugenommen – gesundheitliche Einschränkungen, IV-Anmeldungen und insbesondere psychische Erkrankungen sind heute häufiger ein Thema als in früheren Jahren», erklärt Staub. Trotz dieser Herausforderungen gelingt es ihrem Team, rund ein Drittel der Teilnehmenden während des dreimonatigen Einsatzes erfolgreich in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln. Auch in Zukunft wird der grösste Teil der Teilnehmenden aus dem Segment der niedrig qualifizierten Personen stammen. Diese sind dankbar, vom Programmangebot in den Bereichen Arbeit und Bildung zu profitieren.
Das Besondere: Kreativität als Schlüssel
Die Halle 44 unterscheidet sich von anderen Beschäftigungsprogrammen durch die kreative Ausrichtung. Statt Grossaufträge gibt es individuelle Projekte, die Raum für Fantasie und persönliche Entwicklung lassen. «Ich denke, durch unsere Kreativität, die wir in vielen Bereichen anbieten können, ist die Arbeit für unsere Teilnehmenden sehr abwechslungsreich und individuell», ist Staub überzeugt.
Ein Atelier liegt ihr besonders am Herzen: das Kartonatelier, das sie 2003 selbst aufgebaut hat. «Im ersten Moment konnte ich mir noch nicht so viel vorstellen unter diesem Material», erinnert sie sich. «Beim Auseinandersetzen damit, habe ich festgestellt, dass es ein sehr vielfältiges Material ist, das sehr viele Möglichkeiten zur Verarbeitung bietet.» Die Arbeit mit Maschinen wie der Rillmaschine oder Dekupiersäge hat ihr ebenso Freude bereitet wie die Entwicklung von Prototypen. Heute legt sie selber eher weniger Hand an und ist mehr im Management tätig. Dennoch hat sie nicht an Bodenständigkeit und Nahbarkeit eingebüsst. So kennt sie viele Teilnehmende trotz der kurzen Einsatzdauer mit Namen, und es berührt sie immer wieder, wenn sie von den Stellensuchenden – teilweise auch in persönlichen Angelegenheiten – vertrauensvoll um Rat gefragt wird.
Abschied mit Weitblick: Neue Wege und Zukunftspläne
Per 1. September dieses Jahres musste die Zahl der Einsatzplätze in den verschiedenen Programmen deutlich reduziert werden. Von den ehemals 93 Plätzen sind heute noch 61 übrig geblieben. Die Auslastung war in den letzten Jahren rückläufig. In Zukunft soll zur Ergänzung der vorhandenen Angebote noch ein Programm für gut qualifizierte Berufsleute geschaffen werden, welches einen Teil der Plätze der Halle 44 ablöst. In diesem Zusammenhang wird Ende Jahr auch der beliebte Waschsalon geschlossen, der bislang die Wäsche für zahlreiche Privatkunden und einige Unternehmen besorgte.
Für Esther Staub beginnt Ende Oktober ein neuer Lebensabschnitt. «Ich freue mich, ohne Wecker aufzustehen und den Tag gemütlich angehen zu können», sagt sie. Ihre Enkelkinder warten bereits auf neue selbstgenähte Kleidungsstücke – die 1’000 Etiketten mit ihrem Label wollen schliesslich vernäht werden. Auch das E-Bike steht für Touren durchs Zugerland bereit.
Es weihnachtet
Am 22. November findet in der Halle 44 von 10 bis 16 Uhr der traditionelle Weihnachtsmarkt statt. Dieses Jahr steht er unter dem Motto «Advents-Werkstatt». Anschliessend findet vom 24. November bis 18. Dezember der alljährliche Weihnachtsverkauf statt. Weitere Informationen unter www.Halle44.ch


