Häusliche Gewalt kennt keine Feiertage

  18.12.2024 Gesellschaft

Die bevorstehenden Festtage stehen für die meisten im Zeichen der Besinnlichkeit und des Familienzusammenhalts. Dennoch bergen sie auch die Gefahr von Konflikten bis zu Häuslicher Gewalt. Bei der Zuger Polizei ist man gerüstet.

RAHEL HEGGLIN

Die Statistik zeigt, dass es im Kanton Zug im vergangenen Jahr rund 400 polizeiliche Interventionen im häuslichen Bereich gab. Diese Zahl ist im Vergleich zu den Vorjahren konstant geblieben. Ein möglicher Grund dafür könnte das funktionierende Netzwerk aufseiten Behörden und Anlaufstellen sein. Bei der Fachstelle Häusliche Gewalt der Zuger Polizei gibt es 200 Stellenprozente. Die Fachstelle Häusliche Gewalt ist bei der Kriminalpolizei, Dienst Präventive Massnahmen angesiedelt und ist die Koordinations- und Anlaufstelle im Zusammenhang mit Häuslicher Gewalt und Kindesschutz. Diese Fachstelle arbeitet eng mit weiteren Beratungsstellen zusammen und verfügt über ein grosses Netzwerk inner- und ausserkantonal.

Ein differenziertes Bild häuslicher Konflikte
Von Häuslicher Gewalt spricht man, wenn Personen innerhalb einer bestehenden oder aufgelösten familiä- ren, ehelichen oder eheähnlichen Beziehung physische, psychische, sexuelle oder wirtschaftliche Gewalt ausüben oder androhen. Im Kanton Zug stellt die Zuger Polizei bei rund der Hälfte der polizeilichen Einsätze im häuslichen Bereich strafbare Handlungen fest. Das können Drohungen, körperliche Gewalt oder sexualisierte Übergriffe sein. Im Jahr 2023 waren es 198 Fälle von Häuslicher Gewalt, die mit einer Verzeigung geahndet wurden. Bei den anderen 210 Interventionen im häuslichen Bereich wurden keine strafbaren Handlungen festgestellt. «Bei diesen Interventionen sind die Betroffenen häufig überfordert und nicht mehr in der Lage, die Situation allein zu lösen, und kontaktieren darum die Polizei», erklärt Nicole Argenton von der Fachstelle Häusliche Gewalt bei der Zuger Polizei.

Herausforderungen der Festtage
Konflikte können eskalieren, wenn etwa Alkohol ins Spiel kommt oder wenn Menschen in der Enge der Feiertage aufeinandertreffen. Die Weihnachtszeit stellt aber keine Hochsaison für Häusliche Gewalt dar. Ein Blick in die Statistik zeigt, dass die Zahlen im Dezember nicht höher sind als in anderen Monaten. Einen möglichen Grund sieht Dinah Felix, ebenfalls von der Fachstelle Häusliche Gewalt, unter anderem darin, dass viele Leute gar nicht in der Schweiz feiern: «Viele Personen verreisen und verbringen die Festtage im Ausland. Gibt es dort Vorfälle, kommen sie nicht in unserer Statistik vor.»

Massnahmen und Prävention
Die Zuger Polizei hat bei Interventionen im Bereich Häuslicher Gewalt verschiedene Möglichkeiten, um Wiederholungsfälle zu verhindern. Dazu zählen Fernhaltemassnahmen des Täters oder der Täterin für zehn Tage, Kontaktsperren sowie eine enge Begleitung der Betroffenen durch die Fachstelle Häusliche Gewalt. Auch Verhaftungen können in Erwägung gezogen werden. Vergangenes Jahr wurden 22 Personen aufgrund Häuslicher Gewalt festgenommen, wovon 18 eine Fernhaltemassnahme erhielten.

Um weitere Eskalationen zu vermeiden, kontaktiert die Fachstelle Häusliche Gewalt Opfer und Beschuldigte jeweils ein paar Tage nach einem Vorfall. «Es geht darum, die Situation zu klären, eine klare Grenzziehung vorzunehmen, Hilfsangebote aufzuzeigen sowie über die strafund zivilrechtlichen Grundlagen zu informieren», sagt Argenton. Erfahrungen haben gezeigt, dass diese Nachkontrolle bei Opfern wie Tätern geschätzt wird. Wird eine Kindeswohlgefährdung festgestellt, wird in jedem Fall die KESB eingeschaltet. Zahlen zeigen, dass es im Kanton Zug wenige Wiederholungsfälle bei Häuslicher Gewalt mit schweren Delikten gibt.

Das Frauenhaus als sicherer Rückzugsort
Für Frauen, die Schutz suchen, bietet das Frauenhaus des Kantons Zug einen sicheren Rückzugsort. Hier finden auch Mütter mit ihren Kindern Zuflucht. Aus Sicherheitsgründen bleibt die Adresse geheim. «Schutzsuchende können so räumlichen Abstand gewinnen und sich helfen beziehungsweise beraten lassen, wie es in ihrer Situation weitergehen soll» sagt Felix. Finanziert wird das Angebot durch die Opferhilfestelle des Kantons Zug.

Keine Zahlen zu Gemeinden
Häusliche Gewalt findet in allen Zuger Gemeinden statt. «Dennoch sehen wir aufgrund der Bevölkerungsdichte, dass die Zahlen in urbanen Gemeinden höher sind», sagt Argenton. Trotz Bevölkerungswachstum sind die Zahlen über die vergangenen fünf Jahre konstant geblieben. «Zu einzelnen Gemeinden werden keine Zahlen preisgegeben, da es einige wenige Fälle gibt, welche Mehrfachinterventionen verursachen, welche sodann das Bild verzerren würden», ergänzt Felix.

Gemeinsam gegen häusliche Gewalt
Die Fachstelle Häusliche Gewalt bei der Zuger Polizei kann jederzeit um Rat gebeten werden, auch anonym. Dabei geht es um die Einordnung der Vorfälle und das Anfragen von Unterstützungsangeboten.

Wer sich bedroht fühlt oder sich schon in einer akuten Gewaltsituation befindet, soll den Polizeinotruf 117 wählen. «Dies vor allem, wenn man sich Sorgen macht oder ein Streit ein normales Mass überschreitet», erklären die beiden Polizistinnen. Weiter besteht die Möglichkeit, sich bei einer Beratungsstelle informieren zu lassen.

Weitere Informationen zu Häuslicher Gewalt sowie Beratungsstellen sind auf der Homepage www.haeuslichegewalt-nein.ch zu finden


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