Herausforderungen gegen Hunger und Armut

  14.08.2024 Gesellschaft

Im Juli versammelten sich hochrangige Regierungsvertreter, Diplomaten und Experten aus der Zivilgesellschaft an der UNO-Konferenz in New York. Im Zentrum der Debatte stand die weltweite Armut. Mit dabei war auch der Baarer ALG-Kantonsrat Andreas Lustenberger.

RAHEL HEGGLIN

Lustenberger ist Geschäftsleitungsmitglied der Caritas Schweiz und Mitglied der offiziellen Delegation des Bundes für die Agenda 2030. Diese Agenda umfasst 17 Nachhaltigkeitsziele, welche im Jahr 2015 verabschiedet wurden und bis 2030 erreicht werden sollen. Sie umfassen Bereiche wie die Beseitigung von Armut und Hunger, die Förderung von Gesundheit und Bildung sowie den Schutz der Umwelt. «Es wa- ren ungefähr 1’000 Delegierte in New York. Darunter Minister und Ministerinnen aus verschiedenen Ländern», erklärt Lustenberger. Er betont, dass es sich um ein wichtiges jährliches Treffen handelt, bei dem der Fortschritt der einzelnen Länder bei der Erreichung der Ziele überprüft wird. «Wir diskutieren über den aktuellen Stand und versuchen, die Ambitionen zu steigern und weiter voranzukommen.»

Grosse Besorgnis
Ein zentrales Thema des diesjährigen Forums war die weltweite Zunahme von Armut und Hunger. Diese Problematik wurde durch die COVID-19-Pandemie und geopolitische Konflikte wie den Krieg in der Ukraine verschärft. «Zwischen 2015 und 2019 hatten wir Fortschritte gemacht. Aber seit der Pandemie und aufgrund der steigenden Getreidepreise, die durch den Krieg in der Ukraine verursacht wurden, haben sich die Bedingungen wieder verschlechtert», berichtet der ALG-Politiker. Die extreme Armut, das heisst ein Leben mit weniger als 2.15 Dollar pro Tag zu führen, betrifft derzeit etwa jede zehnte Person auf der Welt. Auch der Hunger sei ein gravierendes Problem: «Rund 750 Millionen Menschen haben zu wenig Essen, darunter 150 Millionen Kinder. Dies hat verheerende Auswirkungen auf die kognitive Entwicklung der Kinder und ihre zukünftigen Chancen», so der Baarer.

Fokus umschwenken
Aufgrund dieser düsteren Zahlen betont Lustenberger die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit sowie des Engagements der Zivilgesellschaft und der Wirtschaft. «Unser Ziel ist es, gemeinsam Lösungen zu finden und die Umsetzung der Agenda voranzutreiben.» Neben finanziellen Hilfen sieht Lustenberger auch Möglichkeiten, Patentrechte mit anderen Ländern zu teilen, damit auch diese technologische Fortschritte machen können. Auch das internationale Steuersystem müsse verbessert werden, damit weniger Geld in Steueroasen wie die Schweiz fliesse.

Der Baarer zeigt sich besorgt über die Tendenz, nationale Interessen über globale Solidarität zu stellen. «In der Schweiz diskutieren wir derzeit über Kürzungen in der Entwicklungszusammenarbeit zugunsten des Militärs. Das ist ein Schritt in die falsche Richtung», warnt er. Er plädiert dafür, dass die Schweiz und andere Länder weiterhin in die internationale Entwicklung investieren, um eine stabile und gerechte Welt zu schaffen.

Hoffnung bleibt
Auf die Frage, wie optimistisch er hinsichtlich der Erreichung der Ziele bis 2030 sei, antwortet er: «Angesichts der aktuellen geopolitischen Lage und der Stagnation in einigen Bereichen bin ich realistisch genug zu wissen, dass wir möglicherweise nicht alle Ziele vollständig erreichen werden. Aber es ist wichtig, nicht aufzugeben und weiter daran zu arbeiten.»

Dabei habe auch die Schweiz in der internationalen Staatengemeinschaft eine bedeutende Rolle. «Das Motto der Agenda 2030 ‹Leave no one behind› zeigt die Bedeutung der Einbeziehung aller gesellschaftlichen Gruppen und Ländern. Nur gemeinsam können wir eine bessere und gerechtere Welt schaffen. Die Schweiz kann dazu beitragen, dass Menschenrechte und Demokratie weltweit gefördert und eingehalten werden.»

Einmaliges Erlebnis
Die Teilnahme an der UNO-Konferenz war für Lustenberger eine spezielle Erfahrung. «Es ist surreal, in derselben Cafeteria wie der russische Aussenminister oder der Schweizer Bundesrat Ignazio Cassis zu sitzen.» Ein besonders prägendes Erlebnis war, als er an einer Sitzung eine Frage zum Länderbericht des Kongo stellen konnte. Dabei ging es um die Klimaschutzmassnahmen des afrikanischen Landes. Die Diskussionen dazu wurden live auf grossen Bildschirmen übertragen. «Das zeigt die Dringlichkeit und Relevanz von diesem Thema.»

Trotz der strengen Sicherheitsvorkehrungen bei der UNO kam Lustenberger ohne Leibesvisitationen durch die Eingangskontrollen: «Mit meinem Delegations-Badge, der von der Schweiz ausgestellt wurde, hatte ich fast überall Zugang. Auch mein Rucksack wurde nie durchsucht. Dies zeigt das hohe Vertrauen, das den offiziellen Delegationsmitgliedern entgegengebracht wurde.»

Lustenberger kehrte Mitte Juli in die Schweiz zurück und will nun Erkenntnisse aus der UNO-Konferenz in seine Caritas- und Kantonsrats-Tätigkeiten einfliessen lassen. «Der Dialog darf
nicht aufhören. Wir müssen auf die Schwächsten schauen und ihnen helfen. Ganz nach dem Motto: Leave no
one behind.»


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