Hörnli mit Tomatensauce schmecken im Wald besonders
02.07.2025 Schule/MusikschuleWo früher die Armee Munition eingelagert hatte, bewegen sich heute Baarer im Wald und lernen die Natur kennen. Die Waldschule an der Höllstrasse wird rege benutzt.
FRANZ LUSTENBERGER
Draussen vor dem Gebäude brennt ein Feuer. Eine Gruppe der Klasse 5a Dorfmatt bereitet das Mittagessen für alle 18 Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrkräfte vor. In zusammengesteckten Metallsieben wird über dem offenen Feuer aus Maiskörnern leckeres Popcorn. Auch wenn manchmal eines zu schwarz gerät, die Freude bei den Kindern ist spürbar. Andrei, der seine Freizeit nicht oft im Wald verbringt, sagt es so: «Für einmal machen wir Popcorn nicht in der Mikrowelle.» Und Aida betont, wie entspannend der Tag im Wald ist: «Diese Stunden in der Natur gefallen mir sehr.» Alb ergänzt: «Die Luft ist schon angenehmer als im Schulzimmer, besonders jetzt im Hochsommer.»
Mittlerweile ist auch das Wasser im Kochkessel heiss geworden, bereit für die Hörnli. Den Deckel darauf – und es überkocht ein wenig. Solche Erfahrungen sollen die Kinder selber machen, betont Cornelia Bürli, die Klassenlehrperson und zusätzlich ausgebildet in natur-sportlicher Erlebnispädagogik: «Hier im Wald erlernen die Kinder neue Kompetenzen.» Im Nutzungskonzept der Schulen Baar wird denn auch ein grosses Gewicht auf persönliche und soziale Kompetenzen gelegt.
Natur statt Handy
Die Waldschule verbindet Natur – also den Aspekt Wasser mit der nahen Lorze und den Aspekt Wald – mit der Schule. Im Konzept heisst das: «Die Waldschule ist eine Alternative zur digitalen Welt.» Projektleiter Beno Staub verweist auf den praktisch nicht-vorhandenen Handy-Empfang in der Umgebung des Waldschulstandortes: «Bis jetzt hat sich noch keine Schülerin oder kein Schüler deswegen beschwert.»
Die Erkundung von Lebensräumen von Tieren und Pflanzen, die Bedeutung der Lebensgrundlagen wie Boden, Licht oder Wasser, die Bedeutung der Artenvielfalt, die Veränderung der Umwelt, der Einfluss des Menschen auf die Natur – alle diese Themen und noch viele mehr können draussen vor Ort angesprochen und vertieft werden. «Und zwar in unmittelbarer Nähe zum Schul- und Wohnort», wie Staub betont.
Gestiegenes Interesse
Die Waldschule ist seit Frühling 2024 im Betrieb. Die Lehrpersonen zeigten immer mehr Interesse an dieser Alternative zum Schulzimmer. Staub berichtet von 60 bis 80 Halbtagsbuchungen im letzten Schuljahr, Tendenz steigend. Das Gebäude ist als Schulzimmer ohne Hightech ausgestattet. Bänke, Tische, eine kleine Küche, sanitäre Anlagen und ein grosser Ofen für die Winterzeit. Die Waldschule ist buchbar für einzelne Stunden, für halbe und ganze Tage oder gar für eine Woche; Letzteres vor allem für eigentliche Projektwochen, etwa an der Oberstufe. «Aber übernachten können die Klassen hier nicht», betont Staub, Projektleiter der Waldschule und Schulleiter Sternmatt 1.
Zusammenarbeit mit der Korporation
Beim Besuch letzter Woche ist auch Martin Urscheler extra vorbeigekommen, Präsident der Korporation Baar-Dorf und vorher Lehrer und Schulleiter in Baar. Der Korporation gehören das Gelände und der Wald rundherum. «Es ist erfreulich, dass sich Kinder und Jugendliche in der Waldschule Wissen über den Wald aneignen können. Daher macht die Korporation den Schulen Baar auch konkrete Angebote. Unser Förster unterstützt die Klassen unentgeltlich bei verschiedensten Aktivitäten.» Beispiele sind etwa die Förderung der Biodiversität oder Neupflanzungen. Die Korporation bietet gegen Entgelt auch stufengerechte Waldführungen an.
Das Gelände der Waldschule ist mit einem Zaun abgegrenzt und gesichert. «Ohne Stacheldraht» sagt Urscheler und erinnert sich an die Zeit, als das Gebäude noch als Munitionsdepot gedient hat. Ein Anliegen hat die Korporation noch: Sie wünscht sich auf der Strasse zu den Höllgrotten eine Temporeduktion. Heute gilt maximal 80 km/h. Die 30er-Zone bei den Höllhäusern müsste aus Sicherheitsgründen bis zur Waldschule verlängert werden und danach sollen maximal 50 km/h gelten. Das entsprechende Begehren wird nächstens beim Gemeinderat eingereicht.
Nach all den Informationen meldet sich der Magen zurück. Ursina Caviezel, Lehrperson für Textiles Gestalten, schöpft Hörnli, Tomatensauce und Apfelmus. Es schmeckt. Schüler Alb dazu: «Es ist schon anders als beim Grillieren mit der Familie im Wald.» Exakt das soll mit der Waldschule auch erreicht werden, nämlich neue Erfahrungen zu machen.