In dieses Dorfcafé fliesst viel Herzblut

  04.12.2024 Inwil, Wirtschaft

Am 12. Dezember wird das Dorfcafé 30 Jahre alt. Claudia und Reto Haupt, Geschäftsführerin und Geschäftsführer des Dorfcafés, blicken auf die vergangenen Jahre zurück und sprechen über Herausforderungen, besondere Momente und die Zukunft des Dorfcafés.

JILL EBERHARD

Von frühmorgens bis abends herrscht Betrieb im Dorfcafé. Insgesamt 15 Mitarbeitende sind im Dorfcafé und in der Backstube tätig, darunter auch Geschäftsführerin Claudia Haupt und ihr Mann Reto, ebenfalls Geschäftsführer und Koch. Anpacken gilt für alle, denn es gibt viel zu tun: «Wir machen alles. Wir putzen, kochen, backen, bedienen und räumen auf», erzählt Claudia Haupt. Das Miteinander prägt nicht nur die Arbeitsweise, sondern auch die Atmosphäre im Dorfcafé. «Es ist für alle ein Dehei», sagt sie, «und wir begegnen uns gegenseitig mit Respekt.» Besonders wichtig sei ihr, dass alle gerne zur Arbeit kommen.

Doch der Weg zum 30-jährigen Jubiläum war nicht immer einfach. Über die Jahrzehnte gab es zahlreiche Höhen und Tiefen. Diese Herausforderungen ging die Familie Haupt mit viel Herzblut und Durchhaltevermögen an – Qualitäten, die dem Dorfcafé seinen heimeligen Charme verleihen.

Kundschaft ist zunehmend englischsprachig
In den letzten 30 Jahren hat sich die Kundschaft des Dorfcafés spürbar verändert. «Früher gab es einen Obigstamm, an dem die Stammgäste regelmässig für ein Fübi sassen», erinnert sich Claudia Haupt. Das mache man so nicht mehr. Heute ist das Dorfcafé nicht nur ein Treffpunkt für die Menschen aus Inwil, sondern es zieht Kundinnen und Kunden aus anderen Orten wie Zug oder gar Hünenberg an. Viele von ihnen arbeiten in der Nähe oder kommen wegen bestimmter Präferenzen aus dem Sortiment ins Dorfcafé. Diese Veränderung spiegelt sich auch in der zunehmenden Internationalität der Kundschaft wider: «Man spürt den Einfluss der Zuwanderung, vor allem mit der englischsprachigen Kundschaft», so Haupt. Englisch ist mittlerweile fester Bestandteil des Arbeitsalltags. Die internationalen Gäste schätzen die persönliche Bedienung und den offenen Austausch mit dem Team.

Mangel an Fachkräften vor allem in der Produktion
Doch nicht nur die Kundschaft hat sich gewandelt. In den letzten Jahren hat das Dorfcafé mit einem wachsenden Fachkräftemangel zu kämpfen, insbesondere bei Bäckerinnen und Bäckern für die Produktion. Dieser Trend hat sich seit der Corona-Pandemie abgezeichnet. «Trotz aktiver Suche nach Personal auf ver schiedenen Kanälen finden wir keine Leute mehr», erklärt Claudia Haupt. Gerade die jüngeren Generationen zeigen immer weniger Interesse an diesem Beruf. Ein Umstand, durch den der Familienbetrieb allenfalls umstrukturiert werden müsste: «Wenn wir niemanden mehr finden können, dann können wir unseren Betrieb in dieser Form nicht weiterführen.»

Die anhaltenden Auswirkungen der Pandemie
Die Jahre der Corona-Pandemie stellten das Dorfcafé vor enorme Herausforderungen. «Es war finanziell brutal», beschreibt Claudia Haupt die schwierige Zeit. Trotz der unsicheren Lage beschloss die Familie, den Betrieb weiterzuführen. Doch die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie hielten an. «Wir haben uns nach der Pandemie ernsthaft gefragt, ob wir weitermachen wollen oder das Dorfcafé schliessen müssen», gesteht Haupt. «Es war das erste Mal, dass wir uns diese Frage gestellt haben.» Von der Erklärung der Pandemie im März 2020 bis September 2023 gab es keinen einzigen Monat mit kostendeckendem Umsatz.

Auch heute bleibt die Lage angespannt. «Wir haben uns finanziell noch immer nicht ganz erholt, es bleibt ein stetiger Kampf», sagt Haupt. Besonders die gestiegenen Preise für Strom, Diesel und Reparaturen sowie Lebensmittel wie zum Beispiel Mehl oder Butter setzen das Dorfcafé unter Druck. «Wer ist denn bereit, zehn Franken für ein Brot zu bezahlen?», fragt sie sich. Während die Preise weiter steigen, werden die finanziellen Spielräume immer enger.

Aufgeben will die Familie Haupt trotz all dieser Herausforderungen nicht. «Es braucht einfach viel Herzblut und Durchhaltevermögen», betont Haupt. Schliesslich hätte es bisher immer gereicht, die Familie und die heute erwachsenen Kinder zu ernähren.

Ein Blick in die Zukunft des Dorfcafés
Für Claudia und Reto Haupt steht in den nächsten Jahren ein bedeutender Schritt bevor: die Pensionierung. Ob und wer das Café dann übernehmen wird, ist derzeit ungewiss. «Aus unserer Familie wird niemand das Dorfcafé weiterführen«, erklärt Haupt. Ihre Kinder haben andere berufliche Wege eingeschlagen, und so bleibt die Zukunft des Familienbetriebs offen.

Claudia Haupt wünscht sich, dass das Dorfcafé von jemandem übernommen wird, der mit ebenso viel Leidenschaft und Engagement an die Sache herangeht wie sie und ihr Mann. «Es wäre schön, wenn es jemand ist, der genauso viel Freude an den Tag legt, wie wir es getan haben», sagt sie. Gleichzeitig blickt sie realistisch auf die Situation: «Wenn es irgendwann mal zu einer Schliessung kommen sollte, dann ist das eben so. Wir haben unser Bestes gegeben.» Ob das Dorfcafé weitergeführt wird oder nicht, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.


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