Mit Licht verschwindet weit mehr als die Dunkelheit
15.01.2025 KirchlichesReligion Am Abend des Dreikönigstages bot die Katholische Kirche Baar mit einer Lichterkette und einer Feuerschale im Martinspark in Baar die Möglichkeit, mit dem Jahr 2024 abzuschliessen und das neue Jahr gereinigt zu begrüssen.
MARCO MOROSOLI
Der Baarer Martinspark – den Namen hat er von der nahe liegenden St.-Martins-Kirche – ist ein viel zu selten genutzter, rechteckiger Park im Herzen des Dorfes. Rund um diese Fläche herum ist am Abend des Dreikönigstages zum ersten Mal im laufenden Jahr wieder der Alltagsverkehr der Taktgeber.
Im Martinspark ist von dieser Hektik nichts zu spüren. Helfende Hände der Vereinigung «Nahbaar» – sie agiert unter dem Dach der katholischen Kirchgemeinde Baar – haben eine Feuerschale und eine Lichtspirale aufgebaut.
Das angesagte Motto der Veranstalterin: «Im neuen Jahr gehören gute Vorsätze dazu.» Ferner sollten die Teilnehmenden die Gelegenheit bekommen, das «Alte loszulassen und das Neue zu begrüssen».
Mit einer dicken Schneeschicht auf dem Park wäre die ganze Veranstaltung natürlich noch sinnlicher geworden. Was hingegen ein Gewinn ist: Alle Lichtquellen sind echt. Keine Elektrokerzen. Letztere mögen leuchten, doch als Wärmespender für die Herzen der Anwesenden taugt etwas Elektrisches einfach nicht.
Diese Einordnung trägt Evi Marti vollkommen mit. Sie gehört zum Team, welches diesen Anlass nun bereits zum vierten Mal durchgeführt hat. «Es wird über die Besuchenden nicht Buch geführt», ergänzt sie. Es hatte jedoch genügend, der Jahreszeit angepasste Getränke. Gebäck fehlte auch nicht. Zudem erreichte der Glühwein beste Werte und hob sich wohlwollend von den oft gereichten – mit Wasser gestreckten – wärmenden Getränken an anderen Orten ab.
Die Organisatoren kommen ohne Chefpositionen aus. Sie haben alle eine Mission: Ein spezielles Licht erzeugen. Wie viele Lichtquellen am Dreikönigstag auf dem Parkboden platziert waren, war hingegen gar nicht so leicht herauszufinden. Die Anwesenden einigten sich schliesslich auf «über 100». Mit diesem Rechenergebnis kann auch Marti leben, die noch in einem anderen Bereich der Pfarrei Baar ehrenamtlich im Einsatz ist.
Andreas Meisinger ist mit seiner Frau in den Martinspark gekommen. Im Gespräch umreisst er den Sinn der Veranstaltung so: «Sie bildet einen besinnlichen Abschluss der Festtage.» Das Gefühl im Park beschreibt er als «die Möglichkeit, die Seele baumeln zu lassen».
Ein ehemaliger Schweizer Gardist, der in Rom fast jede Ecke kennt
Ein Fachmann für Läuterungen aller Art auf dem Platz in der Nähe der katholischen St.-Martins-Kirche ist der Katechet Fabian Stocker. Er diente zwei Jahre in der Schweizergarde im Vatikan, dem flächenmässig kleinsten Land der Welt. Auch nach seiner Dienstzeit ist Rom für ihn immer wieder eine Reise wert. Gerade in diesem Jahr ist das etwas Besonderes, denn das Jahr 2025 ist in der Katholischen Kirche ein heiliges. Solche Jahre der seelischen Reinigung von Sünden sind seit dem Jahr 1300 verbrieft. 1475 setzte die Kirche fest, dass alle 25 Jahre ein Heiliges Jahr stattfinden soll. Dieses Prinzip ist auch schon durchbrochen worden (2015). Wer mit Baarer Kirchenmann redet, merkt schnell, dass er den Status «Romkenner» berechtigterweise trägt. Davon können die Baarer Firmanden im Februar profitieren. Stocker begleitet sie nach Rom.
Auf dem Programm der Baarer Reisegruppe mit religiösem Hintergrund dürfte auch das Durchschreiten der Heiligen Pforte des Petersdoms stehen. Die Türe ist – wie die Neue Zürcher Zeitung kürzlich herausarbeitete – ein Geschenk des Bischofs Franziskus von Streng. Dieser stand dem Bistum Basel und Lugano (ab 1971 ein eigenes Bistum) vor, zu welchem auch der Kanton Zug gehört.
Ein Schweizer Geschenk und ein umstrittener Papst
1950 öffnete Papst Pius XII. (1876- 1958) die rund 20’000 Franken teure Pforte erstmals. Von Streng verband das Geschenk mit dem Dank, dass die Schweiz im Zweiten Weltkrieg verschont worden sei. Er bezeichnete den Papst zudem als einen «Vermittler des Völkerfriedens». Das ist jedoch gemäss der heutigen Geschichtsschreibung Schönfärberei. Der Pulitzerpreisträger David L. Kertzer kommt in einem viel beachteten Buch (Titel «Der Papst, der schwieg») zum Schluss: «Nimmt man den Papst jedoch als moralische Führungsinstanz in den Blick, so hat Pius XII. versagt.» Gleichwohl gibt es auch heute Strömungen, welche in diesem Papst einen heldenhaften Gegner des Faschismus und des Nationalismus sehen. Mehr noch sehen diese Kreise genug Gründe, um den Kriegspapst heiligzusprechen.
Von dieser Diskussion dürften die Baarer Firmanden nichts mitbekommen. Ein kompetenter Reisebegleiter wird versuchen, sie an den Besucher-Hotspots verbeizuleiten. In diesem Heiligen Jahr dürften über 30 Millionen Besucher in die Ewige Stadt kommen. Zusätzlich zu denen, die sonst schon auf einer Mission nach Rom kommen.
Den Zustand Roms im Heiligen Jahr kommt den Titulierungen «Dichtestress» oder «Overtourism» berechtigterweise näher. Derweil geniessen die im Martinspark Anwesenden die Ruhe. Kaum einer geht, ohne seine Gedanken auf einen Zettel zu schreiben. Diesen schnüren die Besuchenden dann auf ein Stück Holz und übergeben beides dem Feuer. Aus Datenschutzgründen bleibt das Geschriebene geheim.
Wann Nahbaar den Anlass zum fünften Mal ausrichtet, ist noch unklar. Klar ist hingegen, wann das am 24. Dezember 2024 begonnene Heilige Jahr endet: am 6. Januar 2026.
Wie Fabian Stocker am Schluss noch erklärt, kann der Sündenablass auch in Einsiedeln und in St. Maurice erbeten werden.