Plötzlich erwachsen – oder doch nicht?

  20.11.2024 Jugend, Gesellschaft

Aus Sicht der Demokratie verändert der 18. Geburtstag alles: Aus einem unmündigen Menschen wird ein vollwertiges Mitglied. Und wie ist es aus Sicht der Betroffenen? Eindrücke vom Jungbürgeranlass.

ANNETTE KNÜSEL

Die Gemeinde Baar bereitet ihren Jungbürgern alljährlich einen grossen Empfang. Seit in Zug ein schönes Stadion steht, lädt sie ein zum EVZ-Match mit vorangehendem Apéro. So auch am vergangenen Freitag.

Organisiert wurde der Anlass von Ferhat Civrilli, Fachstellenleiter Kind und Jugend, und Reto Herger, Abteilungsleiter Präsidiales/Kultur und Vizegemeindeschreiber. Vor Ort anwesend waren vonseiten der Politik die Gemeinderäte Walti Lipp (Präsident), Mark Gustafson (Schule/Bildung)und Zari Dzaferi (Planung/ Bau) sowie der Leiter des Jugendcafés Ilir Osmani. Sie alle bereiteten den jungen Baarern einen herzlichen Empfang beim Restaurant Meating nahe dem Stadion.

Willkommen in der Welt der Erwachsenen
«Von insgesamt 245 Jungbürgern haben sich 96 angemeldet», weiss Fachstellenleiter Civrilli. Die Zusagen seien im Vergleich zu anderen Gemeinden allgemein hoch, in diesem Jahr aber besonders erfreulich. Eingeladen werden sowohl Schweizer Bürger als auch ausländische Jugendliche des Geburtsjahrgangs 2006. Gemeindepräsident Lipp sagt dazu: «Sie gehen zusammen in die Schule, sie sind gemeinsam im Verein – warum sollten wir sie bei diesem Anlass separieren?»

Den Eingeladenen gab Lipp in einer kurzen Ansprache ein paar Empfehlungen mit auf den Weg: Sie sollten sich dafür interessieren, was auf der Welt und in der Gemeinde Baar passiert; mitmachen und sich engagieren für ein schönes und lebenswertes Baar; ihren Weg gehen, die eigenen Projekte mit Nachdruck verwirklichen, dabei aber auch für die anderen mitdenken; gesund bleiben und verbunden mit der Heimat. Zum Abschluss wünschte er allen einen interessanten Abend und einen noch interessanteren Match mit einem klaren Sieger, dem EVZ! Etwa eine Stunde standen die Jugendlichen vergnügt zusammen, ein Getränk in der Hand, bevor sie ins Stadion wechselten, um dort ein Abendessen einzunehmen und den Match anzuschauen. Mit dem späteren 6:2-Sieg gegen Lausanne dürfte der EVZ den abschliessenden «Schlummertrunk» der Jungbürgerfeier beflügelt haben.

Ein Übergang, der gar nicht spektakulär wirkt
Wie fühlt es sich an, nun ein mündiger Bürger zu sein? Der allgemeine Tenor ist: Mit dem 18. Geburtstag hat sich nicht viel verändert. «Ich hätte gedacht, es wäre viel krasser, 18 zu werden», heisst es bei Nadja, Lia und Alina. Natürlich sei man jetzt strafbar, man müsse vorsichtiger sein. «Aber wenn man sich normal verhält, geht alles in Ordnung». Alina, die erst Ende Jahr Geburtstag hat, hält fest: «Von der Schule zur Lehre, da hat sich mein Alltag natürlich von null auf hundert voll verändert.» Aber sonst, ergänzt sie, sei eigentlich alles wie vorher. Nadja und Lia hatten im Frühling Geburtstag und haben bereits dreimal gewählt. Sie sind sich einig: «Das ist schon wichtig, für die Zukunft.»

Das Thema Steuern betrifft die drei noch nicht, weil sie noch auf die Kanti gehen respektive in Ausbildung sind. Auf die Frage, was im Moment für sie wichtig sei, bleiben auch Führerschein und Militär unerwähnt. Doch plötzlich platzt es heraus: «Die Zeit geht schneller vorbei als man denkt! Man soll es geniessen, wenn man noch klein ist.» Nicht planen, kein Stress, nur einfach auf den Spielplatz gehen. Kaum zu glauben, dass diese schöne Zeit schon vorbei sei.

Die Pflichten klar im Blick, aber auch die eigenen Ziele
Marko und Mark gehen auch noch auf die Kanti. Sie sind sich ihrer Pflichten bewusst. Welche zum Beispiel? «Wählen, es wird erwartet, dass man aktiv mitmacht in der Gemeinde. Es ist natürlich auch die Frage, ob man das kann, ob man dazu geeignet ist, ob man die richtigen Entscheidungen trifft.» Aber sie sind zuversichtlich, dass das alles mit der Zeit komme, solange man sich ein bisschen einlebe. Den Anlass und die Einladung zum Match finden sie super. Mia hatte letztes Jahr schon von Kollegen gehört, dass es gut war.
Und wie sieht es mit der näheren Zukunft aus, welche Projekte haben die jungen Leute? Für Ladina, Flavia und Livia ist klar: Kanti abschliessen, Matura-Arbeit schreiben, Zwischenjahr. Es scheint, dass der 18. Geburtstag im subjektiven Erleben kein besonders grosser Einschnitt ist. Die Veränderung vom Kind zum mündigen Bürger entwickelt sich wohl eher in kleinen Schritten. Und doch schneller als erwartet.


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