Strafbefehl gegen Zivilstandsbeamtin

  18.06.2025 Gesellschaft

Verwaltung Das Baarer Zivilstandsamt hat seit dem vergangenen November nicht mehr das alleinige Sagen. Auslöser dafür war die fehlbare Handlung einer Fachkraft. Nun liegt der Strafbefehl gegen sie vor.

VON MARCO MOROSOLI

Kleingedrucktes ist bei der Lektüre einer Gemeinderechnung oftmals der wichtigste Teil. Bei der Baarer Rechnungsgemeinde am vergangenen Mittwochabend, 11. Juni im Gemeindesaal sagte der Gemeindepräsident Walter Lipp proaktiv, dass im Vorjahr beim Konto 111 (Zivilstandsamt) ausserordentliche Kosten entstanden seien. Er nannte eine Zahl von rund 120’000 Franken für die Bezahlung von Springern.

Diese Dienste musste die Gemeinde in Anspruch nehmen, nachdem eine Mitarbeiterin des Zivilstandsamtes Baar sich am 15. November 2024 bei der Zuger Staatsanwaltschaft selber angezeigt hatte. Sie benannte dabei Unregelmässigkeiten im Betriebsablauf.

Bei dieser Sachlage zog der Kanton Zug die Reissleine und unterstellte die Baarer Institution vollumfänglich der Sachwaltung der kantonalen Aufsichtsbehörde. Diese ist der Direktion des Innern unterstellt.

Erschwerend kam hinzu, wie aus Medienmitteilungen hervorgeht, dass das Baarer Zivilstandsamt, das sich auch um die Geschäfte der Gemeinden Menzingen und Neuheim kümmert, personell am Anschlag war. Die Gemeinde legte immer wieder Wert auf die Feststellung, dass die Bevölkerung ausser bei Trauungen weiterhin die gemeindeeigenen Dienste in Anspruch nehmen könne.

Seit dem 1. Mai 2025 nimmt sich der Kanton Zug zurück. Das bedeutet, dass die kantonale Aufsichtsbehörde den Zivilstandsämtern Zug respektive Cham die ausserordentliche Stellvertretung des Zivilstandsamts Kreis Baar überträgt. Diese neue Gliederung geschah in Absprache mit dem Kanton Zug und der Gemeinde Baar. Die Unterstützung der beiden Nachbargemeinden ist bis Ende 2025 befristet.

Der Baarer Gemeindepräsident Walter Lipp weiss dies zu schätzen: «Wir sind dankbar für das engagierte Mitwirken der Stadt Zug und der Einwohnergemeinde Cham sowie für die gute Zusammenarbeit zur Aufrechterhaltung des Zivilstandsamt Kreis Baar.»

In der vergangenen Woche meldete die Online-Plattform «Zentralplus», dass der Strafbefehl in der Sache der fehlbaren Person im Baarer Zivilstandsamt ergangen ist.

Ohne Befugnis Personenstand geändert
Die Mitarbeiterin des Zivilstandsamts der Gemeinde Baar machte sich im Schweizer Personenstandsregister zu schaffen. Das ist auf dieser Stufe unzulässig. Ordnungsgemäss hätte die Fachkraft die Änderung erst vornehmen dürfen, nachdem die Direktion des Innern die Bewilligung dazu gab. Dies unterblieb bei diesem Vorgang. Die Selbstanzeigerin versuchte hinterher, ihr unredliches Handeln mit falschen Personendaten zu vertuschen.

Der Fall nahm mit der Meldung einer Geburt seinen Anfang. Bei den Eltern handelte es sich um unverheiratete Asylsuchende. Um eine Geburtsurkunde zu erhalten, hätte der Personenstand der beiden Zuzüger geklärt werden müssen. Ohne diese Einträge war es unmöglich, die notwendigen Dokumente (AHV-Nummer, Pass) beizubringen.

Der Kindsvater machte dann beim Baarer Zivilstandsamt Druck. Gab vor, sich etwas anzutun, wenn es in dieser Angelegenheit nicht vorwärts gehe. Die Fachkraft liess sich erweichen und reichte ordnungsgemäss die von ihr vorgefertigten Dokumente an den Kanton weiter. Letzterer stellte Unregelmässigkeiten fest. Die Konsequenz für das Zivilstandsamt Baar: der Kanton übernahm im November 2024 dessen Leitung.

Die bestrafte Person, so schreibt «Zentralplus», bekam eine Busse von 5’400 Franken. Dies mit einer Probezeit von zwei Jahren. Eine im Strafbefehl genannte weitere Busse beträgt 900 Franken und ist neben den Verfahrenskosten sofort zu bezahlen. Wenig erstaunlich ist letztlich die Meldung, dass die Fachkraft nicht mehr für die Gemeinde Baar arbeitet.

Neuorganisation der Zivilstandskreise?
Strafrechtlich ist die Affäre im Bereich der Baarer Verwaltung möglicherweise schon abgeschlossen. Doch ganz aus dem Schneider ist die Gemeinde noch nicht. Sie hat über den Sommer vom Kanton Zug Pflichtarbeit erhalten. Es muss bis am 31. August 2025 ein Konzept vorliegen, wie die Gemeinde Baar, respektive deren Zivilstandsamt, die Leitung und den Betrieb wieder eigenständig wahrnehmen kann. Gelingt dies, dann könnte Baar wieder ohne fremde Hilfe seine Dienste anbieten. Scheitert die Baarer «Operation Eigenständigkeit», erwägt der Kanton eine Neuorganisation der Zivilstandskreise. Die Gemeinden würden bei diesem Projekt einbezogen.

Wie sich diese Sachwaltungen durch den Kanton und die Gemeinden Zug und Cham finanziell auswirken, das zeigt dann das Konto 111 der Baarer Jahresrechnung 2025, die im Frühling 2026 öffentlich wird.

Zudem ist im Zuger Kantonsrat seit dem 21. Februar 2025 noch eine Interpellation aus SVP-Kreisen zu Zivilstandsämtern hängig. Für eine Beantwortung hat der Zuger Regierungsrat sechs Monate Zeit.


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