Übung der Blaulichtorganisationen auf Baarer Boden
25.09.2024 GesellschaftWährend 18 Stunden standen fast 200 Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst im Einsatz; sie probten die Zusammenarbeit auf der Basis eines dramatischen Szenarios.
FRANZ LUSTENBERGER
«Aiuto, Hilfe» tönte es immer wieder; Menschen klopfen an die Scheiben des gekaperten VBZ-Busses. In sicherer Distanz und geschützt durch aufgeschichtete Baumstämme befinden sich Spezialeinheiten der Zuger Polizei, die in Verhandlungen mit dem Täter stehen und diesen zur Aufgabe bewegen sollen. Dies ist gleichsam der Schlusspunkt einer grossangelegten Übung der Zuger Blaulichtorganisationen am 13. und 14. August in Unterägeri, Neuheim und vor allem auf dem Gemeindegebiet von Baar.
Die Sihlbruggstrasse zwischen dem Kreisel Lättich und der Einfahrt zur International School in Walterswil war während des ganzen Samstagvormittags gesperrt. «Sofa» – so hiess die Übung. Der Name stand nicht für Bequemlichkeit und Herumhängen auf dem eigenen Sofa. Ganz im Gegenteil: Die fast 200 beteiligten Frauen und Männer wurden herausgefordert und mussten permanent neue Entscheidungen zum Vorgehen treffen. «Sofa» steht – so Polizeikommandant Thomas Armbruster – für eine Grundhaltung der Arbeit, nämlich Einsatzführung erfordert fortlaufende Ausbildung.
Eine Familienfeier in einer Waldhütte eskaliert
Der gekaperte und entführen Bus markiert gleichsam das Ende eines durchaus realistischen Szenarios. Der Baarer Wolfgang Moos, Chef Kommandoabteilung der Zuger Polizei, erläutert das gesamte Drehbuch der zweitätigen Übung: An einer Familienfeier in einer Waldhütte taucht der Ex-Mann einer feiernden Frau zusammen mit einem weiteren Mann auf; es kommt zu einer tätlichen Auseinandersetzung mit verletzten Personen. Ein Täter kann flüchten und sich der Verhaftung entziehen, er besteigt frühmorgens einen Bus von Neuheim nach Baar, er zwingt diesen beim Kreisel Lättich zur Fahrt Richtung Sihlbrugg. Es kommt zu einer schweren Kollision mit einem PW und später auch mit einem Lieferwagen, beladen mit Gefahrengut. Die Passagiere des Busses können diesen nicht verlassen; aus der kleinen Familienfeier wird eine Geiselnahme. So das Drehbuch, das von Verantwortlichen der Zuger Polizei von langer Hand vorbereitet wurde. Moos: «Die konkreten Vorbereitungen haben rund ein halbes Jahr in Anspruch genommen.» Der gesamte zeitliche Vorlauf ist noch länger, nämlich über ein Jahr. Nur schon die Terminfindung bei so vielen involvierten Organisationen sei nicht einfach gewesen.
33 Feuerwehrleute aus Baar im Einsatz
Von den gut 200 involvierten Personen dürfte rund ein Viertel in Baar wohnhaft sein. Genau lässt sich dies nicht sagen; bei Polizei, Rettungsdienst und Zivilschutz waren sicher auch Baarerinnen und Baarer involviert. Genaue Zahlen hat dagegen die Feuerwehr Baar. Leutnant Christoph Theiler, der Verantwortliche am Samstag vor Ort: «Von uns waren 33 Personen im Einsatz.» Theiler ist zum ersten Mal bei einer solch grossen Übung mit dabei und er zieht eine positive Bilanz: «Die Feuerwehr Baar hat gut funktioniert und ihren Job sehr gut erledigt.» Die Feuerwehr Baar war bei der Unterstützung Strassenrettung und Chemiewehr, bei Strassensperrungen einrichten und betreiben, bei der Sammelstelle von Unverletzten sowie bei Patienten- und Personentransporten besonders gefordert.
«In Krisen Köpfe kennen» – das hilft
Die Übung wird nun von den einzelnen teilnehmenden Organisationen und Unternehmen ausgewertet und analysiert. Eine erste Bilanz gleich nach der Übung fällt positiv aus. Polizeikommandant Armbruster: «Alle Einsatzkräfte haben das simulierte Ereignis professionell bewältigt.» Verbesserungen oder Optimierungen bei der Zusammenarbeit würden aufgrund der Auswertung in die Hand genommen. Checklisten, Konzepte und Abläufe würden überprüft und wenn notwendig angepasst.
Ein grosses Augenmerk wurde bei der Übung auf die Kommunikation zwischen und das Zusammenspiel von Polizei, Feuerwehr und Sanität gelegt. Moos sagte, dass es von Vorteil sei, dass sich die Führungskräfte im Kanton Zug kennen und im Einsatz gut zusammenarbeiten können. «Ganz nach dem Grundsatz: In Krisen Köpfe kennen.»
Alle Beteiligten haben sich dahingehend geäussert, dass solche Übungen, in denen alle Blaulichtorganisationen eingebunden sind, auch in Zukunft stattfinden sollen. Wann und wo lassen die Verantwortlichen offen. Sicher nicht in nächster Zukunft, denn die Vorbereitung beansprucht doch einiges an Zeit. Die Sihlbruggstrasse in Baar hat sich – so die Beobachtung des Reporters – bestens geeignet: die Strecke ist lang genug, um verschiedenste Szenarien einzubauen, mit der Autobahn steht eine alternative Verkehrsführung zur Verfügung. Und offenbar ist das Verständnis in der Bevölkerung gross: Bei der Zuger Polizei ging nur eine Reklamation wegen der vorübergehenden Strassensperrung ein.