Verloren im Dickicht der Pläne
03.12.2025 Bauen & RenovierenPläne für die Überbauung der heute noch grünen Wiese vor der Obermühle in Baar gibt es verschiedene. Zwei Anstösser haben versucht, über den Ortsbildschutz eine andere Möblierung des Geländes zu erwirken. Nun hat das Bundesgericht entschieden. Das kommt die Beschwerdeführenden teuer zu stehen.
MARCO MOROSOLI
«Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.» Dieser Satz wird dem ehemaligen sowjetischen Generalsekretär Michael Gorbatschow (1931– 2022) zugeschrieben. Einen hiebund stichfesten Beweis, dass er ihn im Herbst 1989 gesagt hat, gibt es hingegen nicht. Tatsächlich aber waren damals viele Gewissheiten in Europa Stoff für die Geschichtsbücher.
Ein Urteil des Bundesgerichts mit Baarer Hintergrund, gefällt am 25. August 2025 (1C_262/2024), wird auch bald in einer Datenbank landen – aber sicher nicht in den Geschichtsbüchern. Gorbatschows Leitsatz eignet sich jedoch perfekt für die Zusammenfassung seiner Entstehung. Doch der Reihe nach:
Die Lausanner Richter hatten sich mit der Teilrevision des Bebauungsund Baulinienplans Obermühle in Baar zu befassen, sowie mit dem einfachen Bebauungsplan Obermühle Süd. Zwei Anstösser der über 48ʼ000 Quadratmeter grossen Landparzelle, die im nördlichen Teil teilweise schon überbaut ist, wollten mit ihrer Beschwerde beim höchsten Schweizer Gericht eine nochmalige Überprüfung der Pläne aus dem Jahr 2020 erwirken.
Letzte Station Bundesgericht
Das hatten sie schon beim Gemeinderat Baar sowie beim Zuger Regierungsrat erfolglos versucht. Beide Instanzen lehnten die von den Anstössern eingelegten Rechtsmittel ab. Auch das Zuger Verwaltungsgericht als oberste kantonale Instanz liess die Beschwerdeführenden ins Leere laufen.
Der am 6. März 2024 gefasste Entscheid fehlt in der Datenbank des Verwaltungsgerichts. Auch der Regierungsratsbeschluss ist nicht öffentlich zugänglich. Wichtig ist bei der Anrufung des Bundesgerichts, dass dieses den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt nur beschränkt überprüfen kann. Der Standardsatz dazu lautet: «Das Bundesgericht ist an den Sachverhalt gebunden, wie ihn die Vorinstanz festgestellt hat, es sei denn, dieser erweise sich im Entscheid wesentlichen Punkt als offensichtlich falsch und unvollständig.» Ist kantonales Recht Bestandteil der Beschwerde, überprüfen die Lausanner Richter dieses nur dahingehend, ob ein Fall von Willkür vorliegt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts liegt diese in der Rechtsanwendung (5A_39/2014) vor, «wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft».
Willkür ist also ein Rechtsgut, welches bei der Urteilsfindung für das Bundesgericht hohe Hürden darstellt. Das Bundesgericht befasste sich in seinem Urteil auch umfassend mit den von den Beschwerdeführenden genannten Erlassen aus dem Bereich der Denkmalpflege. Diese würden für sich genommen einer Überbauung eigentlich entgegenstehen. Das Bundesgericht erachtete es in seinem Entscheid jedoch nicht als willkürlich, dass die Vorinstanz den angefochtenen Planungserlass schützt.
Die Einwände zu spät eingeklagt
Die Bundesrichter gehen mit den Anstössern hart ins Gericht: «Letztlich sind die dahingehenden Einwände der Beschwerdeführenden darauf gerichtet, die Zulässigkeit der Überbauung des betroffenen Grundstücks abzustreiten, was materiell einem Rückkommen auf die Grundnutzungsplanung gleichkommt und, wie gezeigt, nicht mehr zulässig ist.» Den Antrieb zur Beschwerde verortet das Bundesgericht in seinem Entscheid so: «Vorliegend ist im Wesentlichen nämlich die Zulässigkeit einer Überbauung der Parzelle und damit letztlich die Zuweisung des fraglichen Grundstücks zu einer Bauzone umstritten.» Daraus schliessen die Lausanner Richter: «Die Beschwerdeführenden hätten bereits beim Erlass der Grundnutzungsordnung die Möglichkeit und auch Anlass gehabt, die Richtplanung akzessorisch infrage zu stellen.»
Das Bundesgerichtsurteil lässt sich dahingehend interpretieren: Wer zu spät kommt, muss bei der Wirkung der Rechtsbehelfe schon beim Start Abstriche machen.
Das Grundstück Obermühle sollte schon einmal – allerdings nur provisorisch – überbaut werden. Es gab ab 2015 Bestrebungen, auf dem Gelände eine provisorische Asylunterkunft zu erstellen. Die Idee bekam schnell heftigen Gegenwind und ist 2019 abgeblasen worden.
Gegenwärtig überarbeitet die Gemeinde Baar ihre Ortsplanung. Diese Aufgabe ist bald erfüllt. Noch ausstehend ist ein Termin für die Abstimmung auf der Stufe Gemeinde. Was zu sagen ist: An den Planungsgrundlagen für die Obermühle hat sich nichts Wesentliches geändert. Die Anstösser müssen aber für die Gerichtskosten (4’000 Franken) sowie für die Parteientschädigung der Gegenparteien vor Bundesgericht (4’000 Franken) aufkommen. Ihre Anwaltskosten sind hierbei noch nicht eingerechnet.

