Aufstieg nach zehn langen Jahren

  19.06.2024 Sport

Fussball Am Samstag gewann der FC Baar den vierten und letzten Match der Aufstiegsspiele gegen Grosswangen-Ettiswil mit 2:0. Damit stand der Aufstieg in die 2. Liga mit 10 Punkten aus vier Spielen fest.

EDI WIDMER


«Wir haben Geschichte geschrieben», freute sich der Trainer Antonio Bozzi. Nach zehn Jahren steigt der FC Baar endlich wieder in die 2. Liga auf. «So viele Trainer und Spieler haben es versucht und haben sich dabei die Zähne ausgebissen. Und wir haben es geschafft», bilanzierte Bozzi.

Alle waren sich schon lange einig, dass ein grosser Traditionsverein wie der FC Baar nicht in die 3. Liga gehört. Nun ist es vollbracht. «Da braucht es jetzt ein Foto und dieses muss im Clubhaus aufgehängt werden, weil diese Jungs haben Geschichte geschrieben, das ist genial», schwärmte der Trainer.

 

Die Erleichterung über den Aufstieg war auch bei Urs Buob sehr gross. Der Präsident und Sportchef des Vereins hat miterlebt, wie schwierig es ist, aus der 3. Liga wieder rauszukommen: «Wir haben gute, junge Leute und für diese ist die 3. Liga nicht das höchste der Gefühle. Es ist wichtig, den Spielern etwas anzubieten, damit sie einen nächsten Schritt machen können, ohne den Verein wechseln zu müssen.»

Das schwierige letzte Spiel
Dieses Ziel haben sie jetzt endlich erreicht. Doch auch der letzte Match war keine einfache Aufgabe. «Es war schwierig, ans Spiel zu denken und nicht an das, was danach sein könnte», sagte Buob. Mit einer Rekordkulisse von über 1’000 Zuschauern war alles angerichtet für ein grosses Fussballfest. Mit Grosswangen-Ettiswil war ein Verein zu Gast, der im Vorfeld als schwächstes Team eingeschätzt wurde. Doch die Tabelle sprach eine andere Sprache: Die Luzerner lauerten hinter dem Gastgeber auf dem zweiten Rang.

Da musste der Taktikfuchs Bozzi tief in seine Trickkiste greifen. Zuerst wollte er mit einem 3-4-3 im Rhombus spielen. Weil die ersten Spiele ihren Tribut zollten, waren viele Spieler verletzt oder angeschlagen. Somit wechselte der Trainer wieder auf das 4-3-3-System, das sich in den Aufstiegsspielen bereits bewährt hatte.

Mit letzter Kraft legten die Baarer los und trafen bereits nach wenigen Spielminuten den Pfosten des gegnerischen Gehäuses. Ein erster Freistoss aus guter Distanz verfehlte das Ziel, aber ein zweiter, mit grosser List indirekt ausgetragen, brachte die 1:0-Führung für das Heimteam. Sylejmani düpierte die Mauer der Gäste, brach auf der rechten Seite durch und schob das Leder am erstaunten Keeper vorbei ins Netz. 

Drei Minuten später hätten die Baarer beinahe die Führung weiter ausgebaut, doch die Aktion endete mit einem Zusammenprall von Kapitän Reci und dem gegnerischen Torwart. Nach kurzer Pflege konnten beide weiterspielen. Bis zum Pausentee sammelten die Baarer noch drei gelbe Karten ein, die jedoch das Spielgeschehen nicht beeinflussten.

In der zweiten Halbzeit kontrollierten die Einheimischen das Spielgeschehen über weite Strecken und konnten in der 62. Minute mit dem 2:0 von Nedeljko das Spiel vorentscheiden.

Der Schiedsrichter hatte inzwischen an den gelben Karten Gefallen gefunden und verteilte diese gerecht auf beide Seiten. Die Zuger liessen sich jedoch nicht mehr aufhalten und sicherten sich mit dem Sieg neben dem Aufstieg auch den Meisterschaftspokal der 3. Liga.

Der Start in die Aufstiegsspiele
Wichtig für diesen Erfolg war vor allem der Einstieg in die Aufstiegsspiele. Beim ersten Aufstiegsspiel waren die Baarer bei dem vor einem Jahr unglücklich aus der zweiten Liga abgestiegenen FC Hochdorf zu Gast. Gegen dieses physisch extrem starke Team gingen sie vor zehn Monaten in der ersten Cup-Runde vor eigenem Publikum sang- und klanglos mit 1:5 unter.Nun mussten sie beim Favoriten auswärts und zudem noch auf einem in die Jahre gekommenen Kunstrasen antre ten. Alles Punkte, die gegen das junge Lättich-Team sprachen. Tatsächlich versuchten die Seetaler auch gleich von Beginn weg, ihren Gast zu überfahren. Die zahlreich mitgereisten Zuger Fans waren zu Recht etwas besorgt.

Nach einem Entlastungsangriff und einem clever provozierten Foulspiel im Strafraum der Gäste pfiff der Schiedsrichter jedoch bereits nach neun Minuten einen Elfmeter für die Baarer. Topscorer Sylejmani liess sich die Möglichkeit nicht entgehen und lieferte mit einem platzierten Schuss das erste seiner insgesamt sechs Tore dieser Aufstiegsrunde.

Was folgte, war ein kräfteraubender und fast schon heroischer Fight um jeden Zentimeter. Wenn doch ein Ball seinen Weg auf das Tor der Baarer fand, dann stand da an diesem Tag ein bärenstarker Torhüter Buob, der fast ausnahmslos sicher und in ein paar Fällen sogar mirakulös hielt.

Bis zum Ende hielten die Baarer die Null und nach rund 100 langen Minuten waren, eher etwas überraschend, die ersten drei Punkte auf dem Konto der Bozzi-Truppe. Doch der Abnützungskampf sollte seine Spuren in der nächsten Partie noch zeigen.

Tag der offenen Türen in
Rothenburg

Nicht weniger Respekt hatte die Baarer Truppe vor dem zweiten Gegner. Rothenburg war in dieser Saison das Team mit der gefährlichsten Offensive der Liga. Zudem sorgten die mentale und physische Erschöpfung aus der Auftaktpartie und die ersten verletzungsbedingten Ausfälle für eine Verunsicherung, welche die Zuger während der gesamten Partie nie ganz ablegen konnten.

Trotzdem startete der FC Baar perfekt in den Match. Nach sieben Minuten und einem, dieses Mal durch Kapitän Reci verwandelten Penalty, sah schon wieder alles rosig aus für den Gast aus Baar. Doch dann ein Bild, das sich an diesem Abend leider wiederholen sollte: Fast im Gegenzug fiel der Ausgleichstreffer durch einen alleinstehenden Spieler in rotem Dress.

Mitte erster Halbzeit belohnte sich Baar jedoch für eine starke Spielphase und ging durch Sylejmani und Martino mit 1:3 in Führung. Doch das Muster nach dem ersten Treffer wiederholte sich: Relativ einfach kam das Heimteam noch vor der Pause wieder zum Ausgleich.

Offenbar fanden Trainer Bozzi und sein Assistent Mani in der Halbzeitpause die richtigen Worte, denn in der zweiten Spielhälfte trat eine über weite Strecken defensiv stabilere Baarer Abwehr auf, obwohl die Seriengeschichte dieses Samstagnachmittags für die Zuschauer noch ein weiteres Kapitel bereit hielt und nach einer Stunde dem erneuten Führungstreffer durch Sylejmani den postwendenden Ausgleich zum 4:4 durch den Rothenburger Topscorer Zurkirchen folgen liess.

Nach der Partie war das Zuger Lager unschlüssig, ob man sich über den vierten Auswärtspunkt freuen oder über zwei gefühlt verschenkte Punkte ärgern sollte. Die letzte Spritzigkeit und Konsequenz hatte an diesem Tag gefehlt und hätte gut und gerne auch zu einer Niederlage führen können. Klar war auch, dass die Defensive in den folgenden Spielen wieder klarer und dominanter auftreten musste, wollte man weiterhin im Rennen um die beiden Aufstiegsplätze bleiben.

Demonstration gegen
Angstgegner

Nach den zwei schweren Auswärtsspielen war die junge Baarer Equipe bereit für den grossen Coup und widerlegte letzte Zweifel, ob sie zu Grossem bereit sei. Bloss war da im ersten Heimspiel der Aufstiegsrunde mit Entlebuch der Angstgegner aus früheren – erfolglosen – Aufstiegsrunden zu Gast und brachte auch eine ganze Menge Fans mit nach Baar.

Mit über 800 Zuschauern war das Lättich-Areal endlich wieder einmal Schauplatz eines Fussball-Fests. Weil der FC Entlebuch an jenem Dienstagabend nie richtig zu seinem Spiel und Konzept fand, der FC Baar aber solides Handwerk leistete und mit Reci und Sylejmani am Schluss zwei Doppeltorschützen in seinen Reihen wusste, blieb die Stimmung trotz garstigen äusseren Verhältnissen von der ersten bis zur letzten Minute ausgelassen.

Neben der Effizienz im Angriff durfte sich Trainer Bozzi auch über die wiedergewonnene Stabilität in Mittelfeld und Abwehr freuen. Mit diesem indiskutablen 4:0 festigte der FC Baar die Leaderposition in der Tabelle, und es wartete mit der Finalissima gegen das Überraschungsteam der Aufstiegsrunde, den FC Grosswangen-Ettiswil, ein weiteres Grossereignis auf dem Lättich.

Sicher war bereits da, dass eines der beiden Teams am Samstagnachmittag den Pokal als Meister der dritten Liga und als Aufsteiger würde in die Luft stemmen dürfen. Der Ausgang der Geschichte ist bereits bekannt. «Die Jungs haben alle ein riesen Herz und sie haben an mich und meine Spielphilosophie geglaubt», bilanzierte Bozzi.

Public Viewing bis am 14. Juli
Die Tatsache, dass mit dem Schlusspfiff der letzten Partie auch der Himmel, wohl aus Freude, seine Schleusen öffnete, tat der Feststimmung keinen Abbruch. Vor den vielen feiernden Fans nahmen die Baarer den Meisterschaftspokal und die Goldmedaillen in Empfang. Sogar der Gemeindepräsident Walter Lipp war vor Ort und richtete lobende Worte an die Sieger.

Die Aufstiegsparty verlagerte sich danach ins Clubhaus, wo Speis und Trank für die ganze Nacht auf die Fans warteten. Im Trockenen war auch ein Public Viewing, wo man sich die Spiele der Fussball Europameisterschaft anschauen konnte. Das kann man auch weiterhin bis zum Finale am 14. Juli tun. Vielleicht werden einige Baarer bis dann durchfeiern.


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