Ausgeklügeltes System verrät, ob Baum Wasser braucht

  09.10.2024 Wirtschaft

In Baar stehen drei Bäume, die via Sensoren zeigen, ob sie Wasser brauchen oder nicht. Damit spart die Gemeinde einerseits die Ressource Wasser, andererseits auch die Zeit der Werkdienstmitarbeitenden.

RAHEL HEGGLIN

Das Projekt «Smart Irrigation» startete im Frühling für eine halbjährige Pilotphase. Dafür wurden drei Jungbäume an unterschiedlichen Standorten ausgesucht. Einer steht an der Steinhauserstrasse, ein anderer ist beim Alterszentrum Bahnmatt und der dritte beim Kindergarten Grund.

Innovatives Projekt
Das Ziel von «Smart Irrigation» ist, mit moderner Mess- und Kommunikationstechnologie die bedarfsgerechte und ressourcenschonende Bewässerung von Bäumen im Siedlungsraum zu ermitteln. Was technisch tönt, heisst mit anderen Worten: Das System findet heraus, wann genau ein Baum bewässert werden muss. «Das Pilotprojekt gibt es seit zwei Jahren und läuft bei Firmenkunden, Privatkunden und 18 Gemeinden in der Deutschschweiz und im Tessin», sagt Matthias Brunner, Geschäftsführer und Inhaber der Matthias Brunner AG, welche «Smart Irrigation» entwickelt. Für das Pilot-Projekt wurden hauptsächlich Jungbäume ausgesucht. Diese seien in der Anwuchsphase der ersten drei bis fünf Jahre nach der Pflanzung besonders anfällig auf Trockenheitsschäden.

Alarm, bevor Wasserdefizit entsteht
Bei den ausgewählten Jungbäumen werden Sensoren mit unterschiedlicher Länge – und auf Wunsch unsichtbar – im Boden installiert. «Diese messen die Saugspannung in 15, 25, 55 und 85 Zentimetern Bodentiefe. Die Messwerte zeigen an, wie stark das Wasser im Boden gebunden ist», erklärt Brunner. Sobald der Baum nicht mehr in der Lage ist, mit seinen Feinwurzeln das nur noch spärlich vorhandene Wasser aus dem Boden zu saugen, kommt er in ein Wasserdefizit. «Die App schlägt dann automatisch rechtzeitig Alarm, bevor der Baum verdurstet», erklärt Brunner. Die Saugspannungen werden stündlich gemessen und an eine Cloud geschickt. Von dort werden die Messdaten abgegriffen, mit «Smart Irrigation» ausgewertet und den Kunden zur Verfügung gestellt. So sehen diese genau, wann ihr Baum Wasser braucht. Auch die Wassermenge kann mit «Smart Irrigation» ressourcenschonend bestimmt werden. «Unsere App nutzt bei der Auswertung auch Wetter- und Bodendaten. Wenn wir sehen, dass der Baum eigentlich Wasser bräuchte, aber Regen für die kommenden Tage angekündigt ist, dann alarmiert das System nicht», so Brunner.

Überzeugendes Projekt
Beim Werkdienst Baar ist man vom System begeistert: «Wir haben die mit Daten ausgerüsteten Bäume in diesem Sommer zirka fünfmal gewässert. Ohne dieses System hätten wir den Jungbäumen jede Woche Wasser gegeben. Und dies seit Anfang April», sagt der Werkdienstleiter Florian Bruderer. Pro Wässerung werden rund hundert Liter Wasser verbraucht. Bruderer weist aber darauf hin, dass das Wasser vom nahegelegenen Mühlebach bezogen wird und kein Trinkwasser ist.

Angefragt wurde der Werkdienstchef von der Matthias Brunner AG im Frühling. Dass das System ressourcenschonend ist, hat ihn schlussendlich überzeugt. «Es geht einerseits um die Ressource Wasser, welche wir sparen. Aber andererseits auch um die Ressource Zeit unserer Mitarbeitenden», erklärt Bruderer. Mit diesem System müssen die Werkdienstarbeitenden nur wässern, wenn es wirklich nötig ist.

Nicht bei jedem Jungbaum nötig
Das Pilotprojekt geht bis Ende Oktober. Danach wird entschieden, ob das System fix in Baar eingeführt wird. Dafür würden die Messsensoren wahrscheinlich bei den drei aktuellen Bäumen bleiben, müssten aber neu installiert werden. «Diese Bäume stehen an verschiedenen Standorten und können uns so Daten auch für die umliegenden Bäume liefern», erklärt Bruderer. In Baar stehen etwa 1’500 Bäume, rund 40 bis 50 werden pro Jahr neu gepflanzt. Ob das System auch auf andere Bäume ausgeweitet werden würde, müsste noch bestimmt werden. So oder so, würde es nicht bei allen Jungbäumen installiert, sondern nur punktuell. Wenn Baum A Wasser braucht, braucht Baum B in der gleichen Gegend ziemlich sicher auch Wasser – und umgekehrt.

Überschaubare Kosten
Über die Kosten möchten die Verantwortlichen keine Angaben machen. Bruderer sagt nur, dass es sich um einen vierstelligen Betrag handelt. Sollte Baar das System weiterführen wollen, wird von der Matthias Brunner AG ein Kostenvoranschlag bald erfolgen. Denn spätestens im kommenden Frühling müsste das System installiert sein, damit es den Werkdienstmitarbeitenden und den Jungbäumen dienlich ist.


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