Das Traumfresserchen macht in Baar Halt

  20.11.2024 Musik/Kultur, Kinder

Die Märchenerzählerin Jolanda Steiner und die Musikerin Marie-Louise Werth begeistern mit ihrer Interpretation von Michael Ende’s Kinderbuch Klein und Gross in der Rathus-Schüür.

FRANZ LUSTENBERGER

«Schlofed ihr guet?» Mit dieser Einstiegsfrage an die vielen Kinder setzt Jolanda Steiner gleich den Rahmen für die folgende Erzählstunde mit dem «Traumfresserchen». Der Einbezug des Publikums ist ihr und der Musikerin Marie-Louise Werth ganz wichtig. Die Kinder sollen mit der Geschichte mitgehen, sie sollen in die Stimmungen eintauchen und in eine eigene Bilderwelt abtauchen: «Wir wollen dem Magischen Platz einräumen.» Das fehle in der heutigen Zeit immer mehr. Damit die Verzauberung der Kinder gelinge, «baucht es gute Momente». Viele dieser Momente haben Steiner und Werth geschaffen – je länger die Geschichte voranschritt, umso mehr solcher Momente gab es. So hat die Bibliothek Baar mit dem Musik-Märchen mit viel Musik und Songs aus aller Welt einen solchen Moment ermöglicht

Kinderbuchklassiker von Michael Ende
«Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer», «Momo» oder «Die Unendliche Geschichte» sind sehr bekannte Werke von Michael Ende. Das «Traumfresserchen» aus dem Jahre 1978 ist zum Bilderbuchklassiker geworden, das sich sehr für die Bühne eignet. Steiner: «Die Baarer Rathus-Schüür ist ein idealer Ort, ein herzberührender Raum, für diese intime Geschichte.» Im Gegensatz zu Shopping-Centers, da wolle sie nicht mehr auftreten.

Die Geschichte ist eigentlich schnell erzählt: Die Prinzessin Schlafittchen im Königreich Schlummerland wird von Schlafstörungen und Alpträumen geplagt. Dabei ist in diesem Land Schlafen das oberste Gebot. Wer am besten schläft, ist König oder Königin. Also unternimmt dieser königliche Vater alles, damit sein Töchterchen, eben Prinzessin Schlafittchen, gut schlafen kann. Alle Ratschläge von weisen Gelehrten und das Erzählen von Einschlafgeschichten – er hat schon die ganze Bibliothek erzählt – helfen nichts. «Euse König het e Tochter, wo ned is Bett wott», fassen Steiner und Werth das Geschehen zusammen. Auch das klassische «I ghöre äs Glöggli» hilft nicht weiter.

So macht sich der König auf, um irgendwo in der Welt die Lösung für das Problem seiner Prinzessin zu finden. Auf seiner Reise begleitet ihn musikalisch die Sängerin aus dem Bündner Oberland, die mit ihrer Gruppe Furbaz weitherum bekannt wurde. Werth interpretiert Lieder etwa aus Frankreich (Sur le pont d’Avignon) oder aus den USA (Take me home, country roads), was auch bei Eltern und Grosseltern im Publikum auf Begeisterung stösst.

Lösung auf der einsamen Insel
Der König ist schon beinahe verzweifelt, als er auf einer einsamen Insel ohne Namen – das intensive Rauschen der Meereswellen lässt die Gefahr der langen Reise über den stürmischen Ozean erahnen – das kleine Wesen namens Traumfresserchen findet. Und dieses ihn nach einem ausführlichen Gespräch zurück an den Hof begleitet und so die Prinzessin von ihren schrecklichen Träumen erlöst. Dieser winzige Zwerg hat nämlich einen unbändigen Hunger, nämlich den Hunger nach bösen Träumen, die er Abend für Abend an den Betten der Kinder gierig verschlingt.

So singen und klatschen die Baarer Kinder in der Rathus-Schüür begeistert mit: «Die böse Träum, die schänk ich dier, die liebe gute ghöred mier.» Das «Traumfresserchen» ist am Schluss der Vorstellung bei den Kindern wirklich präsent. Die Fantasie ist durch Worte, Geräusche und Musik angeregt worden, und sie füllt spürbar den Raum. Zum Nachhause Gehen, was würde da besser passen als das romanische Guetnacht-Lied «Dorma bain», das die Kinder über die Erzählnacht hinaus begleiten wird.


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