Der Gemeinderat gewinnt am Ende

  19.06.2024 Politik

An der Baarer Rechnungsgemeinde brachte der Gemeinderat die Mehrheit auf seine Linie. Gesprächsstoff boten – und das nicht zum ersten Mal – Zahlungen an karitative Institutionen.

MARCO MOROSOLI

Bei der Baarer Rechnungsgemeinde am vergangenen Mittwoch war der Gemeinderat nur zu sechst anwesend. Der Stuhl von Pirmin Andermatt (†57, die Mitte) blieb leer. Der Baarer Finanzchef verstarb überraschend Ende April. Er sass seit 2015 in der Baarer Regierung und im Zuger Kantonsrat. Ebenfalls im April verschied der frühere Baarer SVP-Gemeinderat (2011/2012) und Kantonsrat (1999-2001) Karl Betschart.

Der Gemeindepräsident Walter Lipp bat die 138 im Baarer Gemeindesaal anwesenden Stimmberechtigten, zum Gedenken an die beiden Politiker aufzustehen. Die Schweigeminute dauerte eine Ewigkeit, und es war still. Ein Blumentopf mit einer mittig eingesetzten Kerze erinnerte auf der Bühne an den verstorbenen Finanzchef. Es wäre sein grosser Auftritt gewesen. Das einzige Traktandum bei der Sommergemeinde war der Jahresabschluss 2023.

«Es ist ein erfreuliches Resultat», stellte der Gemeindepräsident Walter Lipp nüchtern fest. Wohl wissend, dass statt des budgetierten Überschusses von rund fünf Millionen Franken ein Plus von 27,1 Millionen Franken zusammenkam. Wie an anderer Stelle im Kanton Zug wissen die für die Finanzen verantwortlichen Politiker inzwischen kaum noch, wie das Immer-Mehr zu erklären ist.

Mark Gustafson, der seit dem Tod von Andermatt neben seinem Amt als Schulpräsident noch interimistisch die Finanzen verantwortet, hatte mit den vorliegenden Zahlen einen einfachen Job.

Wohin mit dem Geld?
Der Kanton Zug hat aktuell bereits rund zwei Milliarden Franken Eigenmittel auf der hohen Kante. In Baar ist dank positiver Abschlüsse in den vergangenen Jahren ein Eigenkapital von 292,787 Millionen Franken zusammengekommen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Baarer 2023 mit einem Steuerfuss von 50,1 Prozent des kantonalen Einheitssatzes operierten. Dies rührt daher, dass Baar auf den ordentlichen Steuerfuss von 53 Prozent noch einen Rabatt von vier Prozent gewährt. Damit ist Baar die steuergünstigste Gemeinde im Kanton Zug.

Euphorie ist bei den knapp ein Prozent aller in Baar Stimmberechtigten im Gemeindesaal darob nicht auszumachen. Diese Überschüsse seien «unsexy», wollte der FDP-Sprecher Jan Blattmann erwähnt haben. Malaika Hug (SVP) erinnerte daran, dass sich seit Jahren das gleiche Szenario wiederhole. Wenig überraschend mündete ihr Votum in der Forderung, dass «wir die Steuern senken wollen».

Die längste Debatte innerhalb dieser kurzen Gemeindeversammlung – sie dauerte knapp eine Stunde – lief irgendwie nach einem bekannten Muster ab.

Die Linke und die GLP machten beliebt, für zusätzliche Hilfsprojekte im In- und Ausland statt 200’000 Franken deren 400’000 Franken einzusetzen. Die Verdoppelung dieser Ausgabenposition würde sich in der Baarer Rechnung 2023 nur hinter dem Komma auswirken. Simon Uster (Alternative-die Grünen) erachtete den vom Gemeinderat eingesetzten Hilfebetrag als «mehr als knausrig».

Die Mehrheit der Anwesenden (68 Nein-Stimmen/57 Ja-Stimmten) blieben auf der Spur des Gemeinderats.

Der GLP-Vertreter Arne Tvedt fühlte sich an der Baarer Rechnungsgemeinde wie an «einer Aktionärsversammlung». Als Dividende gab es hinterher einen Apéro.

Erfreut über die guten Zahlen war der ganze Gemeinderat. Einer im Gremium, der Bauchef Zari Dzaferi (SP), freute sich noch etwas mehr als alle anderen: Seine Frau gebar kürzlich einen Sohn. Neben den virtuellen Bekundungen aus dem Saal erhielt Dzaferi später von Parteikolleginnen ein Geschenk. Grosse Freude hier und Trauer dort. Das gehört zum Tag wie die Nacht.


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