Der Kunstkiosk ist aus Baar nicht mehr wegzudenken

  19.06.2024 Musik/Kultur

Der Kunstkiosk im Robert-Fellmann-Park hat kürzlich sein elfjähriges Bestehen gefeiert. Mit einem Rückblick auf die Geschichte, mit einem Ausblick auf die Zukunft und mit einem Fest mit viel Italianità.

FRANZ LUSTENBERGER

«Wäge dem goht d’Wält ned onder», diesen Satz wiederholte Sergio Sardella, ein Secondo mit Wurzeln in Apulien, während seiner Performance zum Jubiläum mehrmals. Im Fernsehen gab es früher eine Sendung für die italienischen «Gastarbeiter», nämlich «Un’ ora per voi». In seiner Stunde für den Kunstkiosk witzelte der Comedian aus Littau über das Verhältnis zwischen Schweizern und Italienern. So viel sei heute in beiden Ländern von Krisen die Rede, dass schon von einer Krise gesprochen werde, wenn es keine Krise gäbe. Allem Krisengerede der heutigen Zeit zum Trotz – «der Kunstkiosk Baar hat sich etabliert», wie Vereinspräsidentin Maria Greco im Jubiläumsbuch festgehalten hat.

Elf Jahre haben einen hohen symbolischen Wert
Die Zahl «Elf» ist keine gewöhnliche Zahl; sie steht symbolisch für die Fasnachtszeit; an vielen Orten fällt am 11.11. um 11.11 Uhr der Startschuss zur Karnevalssession. Bekannt ist auch das Jugendbuch des Sportreporters Sammy Drechsel «Elf Freunde müsst Ihr sein». Die Zahl «Elf» gilt zudem als Glückszahl. Alle drei Elemente – das Närrische und Verrückte, die Freundschaft und das Glück – haben einen engen Bezug zum jubilierenden Kunstkiosk Baar.

Es war eine mutige Idee, eben etwas verrückt wie die traditionelle Fasnachtszeit, inmitten des Strassenverkehrs am Kreuzplatz einen Kunstkiosk zu eröffnen. Es waren Frauen und Männer, freundschaftlich miteinander verbunden, welche diese Idee in die Tat umsetzten. Und der Kiosk konnte und kann auch nach elf Jahren als Glücksfall für das kulturelle Schaffen in der Gemeinde gesehen werden.

Der Kiosk und seine wechselvolle Geschichte
lm Winter wars im kleinen Häuschen
– erbaut um 1893 – an der Marktgasse immer wohlig warm. Es roch bis 1962 nach Leim und feinem Leder, denn darin arbeitete ein Schuhmacher. Eines Tages hörte er auf, das alte Häuschen aber blieb. In den 60er Jahren aber wurde es zum ersten Mal kulturell genutzt, als Ort für die Baarer Arbeiterbibliothek. Auch die Arbeiter gingen eines Tages. Das kleine Häuschen aber blieb und wurde für mehr als 25 Jahre zum Atelier der Schmuckkünstlerin Brigitte Moser, danach noch genutzt als lokaler Schauraum für Architektur und Design. Die Nutzung änderte sich, das Häuschen aber blieb, bis zur Realisierung einer neuen Überbauung an der Marktgasse. Dann musste auch das Häuschen gehen.

Mit Unterstützung von Alfred Müller, der das Häuschen gratis abtrat und auch den spektakulären Umzug finanzierte, der Stiftung Pro Patria, der Gemeinde und weiterer Institutionen und Sponsoren hat der denkmalgeschützte Kulturschatz als Kunstkiosk im Robert-Fellmann-Park eine neue Heimat gefunden. Das Häuschen ist rund 20 Quadratmeter gross und wird zusammen mit dem kleinen Park für allerlei Aktivitäten genutzt – für Theater, Lesungen, als Ausstellungsraum oder einfach als Schaufenster.

Das Haus ist ein Ort für kulturelle Experimente
«Der Kunstkiosk ist ein Ort und eine Plattform für ganz vieles. So betont Andrea Schelbert, Kulturbeauftragte der Gemeinde im Gespräch mit der Baarer Zytig die Bedeutung. Die Gemeinde und auch sie persönlich schätze die geleistete Arbeit für das Baarer Kulturleben sehr. Von einer «Bereicherung für das Baarer Kulturleben» spricht ebenfalls Gert Billing von der gleichnamigen Galerie: «Je mehr Kultureinrichtungen es gibt, umso besser für die Kunst.» Und Franziska Schmid, Vorstandsmitglied des Vereins Heimatbuch Baar, sagt, es sei «super, dass das kleine Haus erhalten werden konnte».

Nun steht mit dem elfjährigen Jubiläum ein Wechsel an. Vom jetzigen Vorstand mit Maria Greco, Brigitte Andermatt, Daniela Meyer, Silvia Feusi und Severin Hofer bleibt ab dem 1. Januar 2025 noch Daniela Meyer in ihrer Funktion. Zum Vorstand dazustossen werden Julian Wasem, Rafael Casaulta und Laura Hürlimann, die den Kunstkiosk als «Ort für Experimente» sehr schätzt: «Der Kunstkiosk muss bleiben, als Ort der Auseinandersetzung mit aktueller Kunst, mitten im Dorf, mitten im Leben.» Wie sie dies im nächsten Jahr umsetzen möchte, darüber will Hürlimann noch keine Auskunft geben: Das sei «work in progress.» So wie die Initiantinnen und Initianten damals vor elf Jahren auch nicht genau wussten, wohin die Reise inhaltlich geht. Örtlich war die aber Reise klar – über die Strasse in den Robert-Fellmann-Park.

Programm 2024

Der Kunstkiosk ist rund 20 m2 gross und wird für allerlei Kunstaktivitäten benutzt. Das zeigt der Blick ins aktuelle Programm: die traditionelle DADA-Soirée am 30. August, eine Ausstellung des Kollektivs M.O.K.K. ab dem 13. September, die Zuger Kunstnacht vom 28. September, eine Ausstellung mit Zeichnungen von Stella Pfeiffer im Oktober und als Abschluss die traditionelle «Lebende Krippe» am 1. Dezember.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote