Eine Symbiose von zwei Musikstilen

  18.12.2024 Musik/Kultur

«Jodel und Gospel», zwei weltweite Kultur-Phänomene fanden am 8. Dezember in der Kirche St. Martin in Baar zu zwei Konzerten zusammen. Das Motto «Jodel meets Gospel» begeisterte über 1’000 Zuhörerinnen und Zuhörer.

HANS-PETER SCHWEIZER

Bereits zum dritten Mal verstanden es die beiden Chöre – vocal emotions unter der Leitung von Lorenz Ulrich und der Jodlerklub Echo Baarburg mit Röbi Küttel als Dirigent – trotz der unterschiedlichen Musik-Stilrichtungen eine perfekte Einstimmung in die Weihnachtszeit entstehen zu lassen. Jodellieder, die seit jeher die Seele berühren, und Gospel-Songs, die aus dem Glauben an Gott entstanden, lösten sich in mehreren Vorträgen perfekt ab. Am E-Piano unterstützte die bekannte Pianistin Patricia Ulrich die Gospel-Singers. Ulrich ist Dozentin am Institut für Klassik und Kirchenmusik an der Hochschule Luzern und ist auch die Pianistin des «21st Century Orchestra», Luzern.

Berührende Klänge und ansteckende Rhythmen
Der Moderator Daniel Kunz vom Jodlerklub Echo Baarburg führte gewandt und humorvoll durch die beiden Konzerte. Auf das Lied «Aabästärn», komponiert von André von Moos, meinte Moderator Kunz: «Schauen Sie doch in einer klaren Winternacht einmal zum Himmel, ich bin sicher, Sie finden Ihren ganz persönlichen Abendstern!» Gefolgt vom Weidjodel des heute 94-jährigen Hans Aregger, der auch mit seiner Ländlerkapelle Furore machte, übernahmen die Gospelsinger mit «Ain’t No Mountain High Enough» oder «Kein Berg ist hoch genug» und «Sacrifices of Righteousness», was in etwa «Opfer der Rechtschaffenheit» bedeutet. Letzteres wurde geschrieben von Kellori R. Dower, Dekanin für Bildende und Darstellende Künste am Cypress College in Kalifornien. Es ist eine Hommage an ihre Vorfahren, sowohl Sklaven als auch Freie, und untersucht sowohl den europäisch beeinflussten «spirituellen Stil» als auch den «gospel-spirituellen» Stil. Die Jodellieder «Chum lueg»von Hannes Fuhrer und «Ä liebe Mänsch» von Emil und Fredy Wallimann führten über zum «Freedom Train». Das Stück wurde komponiert von Rollo Dillworth anlässlich des 50-jährigen Bestehens des «Chi c ago Children’s Choir». Beim Stück «Wenn du daran glaubst» von Oliver Gies und dem Text von Marion Thomasius wagten sich fünf Jodler in der Sparte Gospel mitzusingen, was vom fachkundigen Publikum mit einem tosendem Applaus gewürdigt wurde. Mit «Wiehnachtsglogge» vom Berner Seeländer Komponisten Ernst Sommer sangen die Baarburger das wohl meistgesungene Jodellied für die Weihnachtszeit. Dieses weihnachtliche Jodellied dürfte auch dieses Jahr an unzähligen Advents- und Weihnachtskonzerten gesungen werden.

Selbst die Jodlerfamilie «Oesch’s die Dritten» erlangten vor mehr als zehn Jahren mit dem Lied im Album «Die stille Zeit ruft» beachtliche Erfolge. Mit dem letzten Stück «Hope» der vocal emotions zeigte der US-amerikanische Komponist Joel Raney seine meisterhafte Fähigkeit, rhythmische Arrangements im Gospel-Stil zu komponieren und in eine Weihnachtskantate einzubinden. Er benutzt dazu die Heilige Schrift, um die Zuhörerinnen und Zuhörer näher an die Krippe heranzuführen, um über die Verheissungen der Hoffnung nachzudenken, die in der Geburt Christi zu finden sind.

Die 34 Gospel-Sängerinnen und -Sänger vermochten mit dem Lied «Hope» das Publikum zu begeistern und mit Zuversicht für das neue Jahr zu erfüllen. Das Publikum aber wollte mehr. Die freudig agierenden Jodler gaben mit dem «Schwandhütte Jutz» von Josef (Söpp) Zihlmann noch einmal ihr Bestes, während die froh gestimmten Gospel-Sänger mit «We Can Be Kind» von David Friedman noch einmal ihr Können kundtaten.

Das «Lied aller Lieder», nämlich «Stille Nacht, heilige Nacht»
Die Schluss-Ansagen der zwei Präsidenten, Beat Obrist vom Jodlerklub Echo Baarburg und Walter Rogenmoser von den vocal emotions, verkündeten das wohl gefühlsvollste und bedeutendste Weihnachtslied, «Stille Nacht». Das Lied, das auch für Hoffnung und Zuversicht für eine bessere Welt steht, gilt als weltweit bekanntestes Weihnachtslied und wurde in mehr als 300 Sprachen und Dialekte übersetzt. Auch gilt es als Inbegriff des Weihnachtsbrauchtums im gesamten deutschsprachigen Raum. Seit 2011 steht es sogar in der Liste des immateriellen Unesco-Kulturerbes. Der Text stammt vom Hilfspfarrer Joseph Franz Mohr. Die Musik dazu schrieb der Lehrer und Organist Franz Xaver Gruber am Morgen des Heiligen Abends 1818. In der Mitternachtsmesse gleichentags wurde es im österreichischen Oberndorf bei Salzburg uraufgeführt. Geplant war der Welterfolg allerdings nicht – das Lied entstand damals für zwei Stimmen und Gitarre aus purer Not, weil die Kirchenorgel defekt war, und ist deshalb im Grunde als eine Art Improvisation zu verstehen. In diversen Variationen interpretierten die beiden Baarer Chöre das wahrhaftig gefühlsbestimmte Werk, unter Einbezug der Besucherinnen und Besucher. Für die weitere Einstimmung auf Weihnachten dürfte auch «Silent Night, Christmas Blue» aus dem Jahr 1994 von The Tractors auf einem Mediakanal für bewegende Augenblicke sorgen.


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