Entscheide hinauszuzögern ist selten eine gute Option

  09.10.2024 Wirtschaft

Das Zuger Verwaltungsgericht urteilte kürzlich in einem Streit um den Zugang zu einem Baarer Grundstück zugunsten der Beschwerdeführerschaft. Diese erhält nun von der Gemeinde und dem Kanton je 2’000 Franken.

MARCO MOROSOLI

Abweichende Sichtweisen bei Bauangelegenheiten sind zahlreich und enden oft vor Gericht. Der vorliegende Fall aus der Gemeinde Baar ist deshalb interessant, weil das dafür zuständige Zuger Verwaltungsgericht zugunsten der beschwerdeführenden Partei entschied.

Sicht der Baudirektion
Doch alles der Reihe nach. Eine Aktiengesellschaft (AG) besitzt im Baarer Weiler Arbach ein Grundstück, auf dem ein unbewohntes Gebäude steht. Eine Seite der Grundstücksgrenze bildet der Arbach. Anfang 2022 liess das für die AG verantwortliche Organ bei der Bauabteilung der Gemeinde Baar abklären, ob auf dem Gelände ein neues Haus mitsamt Tiefgarage erstellt werden könnte.

Wie in solchen Verfahren üblich, leitete die Gemeinde Baar die sogenannte Bauanfrage dem kantonalen Amt für Raum und Verkehr (ARV) weiter. Die kantonale Behörde kam zum Schluss, dass die geplanten Neubauten den geforderten Gewässerabstand gemäss Bundesrecht respektieren. Die geplante Verbreiterung der Grundstückszufahrt verletze zwar den Gewässerabstand, sei aber mit den gesetzlichen Regelungen der Gewässerschutzverordnung konform.

Diskussionspunkt Garageneinfahrt
Das ARV verfügte jedoch, so ist im Urteil des Zuger Verwaltungsgerichts (Entscheid V 2023 37) zu lesen, dass eine Verschiebung und Verbreiterung der Garageneinfahrt eine Ausnahmebewilligung erfordert. Diese könne aber, so die kantonale Instanz, nicht in Aussicht gestellt werden.

Der Gemeinderat Baar übermittelte diese Information Anfang März 2023 an die bauwillige Partei. Diese wollte sich mit dem Urteilsspruch nicht abfinden und legte dagegen eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein. Die Forderung: Der Baarer Firma aus dem Gebiet Arbach sei die Baubewilligung zu erteilen. Möglich sei auch, den Fall an die vorher konsultierte Behörde weiterzuleiten.

Unvorteilhafte Ausnützungsziffer
Der Eigentümer des zur Bebauung vorgesehenen Grundstückes machte im Verwaltungsrechtsverfahren geltend, dass die bestehende – bereits bewilligte – sehr enge Zufahrt den vom Gesetzgeber geforderten Grenzabstand zum Fliessgewässer nicht einhalte. Im Weiteren liessen sich die Bauwilligen vernehmen, dass auch die jetzt schon betriebene Anfahrt zu vergrössern wäre. Ferner überprüfte die Bauherrschaft weitere Möglichkeiten, wie das zur Verfügung stehende Grundstück auf andere Weise zu überbauen wäre. All diese Lösungsvarianten endeten aber schnell, denn die aufgelisteten Varianten waren mit dem Makel behaftet, dass die Ausnutzungsziffer unvorteilhaft für die Bauherrschaft ausfallen würde. Auch die Kosten für den Ersatzbau wären massiv höher, da gewisse Gebäudeteile tiefer in den Boden zu versenken wären.

Höhere Kosten
Die potenzielle Bauherrschaft liess die Bewilligungsbehörde zudem wissen, dass die von ihr vorgeschlagene Lösung die Zielvorgaben vom Gewässerschutzrecht nicht beeinträchtige.

Hingegen hätte das neu zu planende Gebäude – wie von der Bewilligungsbehörde gefordert – massiv höhere Kosten für die Bauherrschaft zur Folge. Dies wollte sie unter allen Umständen verhindern und gelangte ans Verwaltungsgericht.

Das ARV befasste sich im Rahmen des Verfahrens vor dem Zuger Verwaltungsgericht nochmals eingehend mit den vorgebrachten Einwendungen. Wenig überraschend hielt diese Behörde an ihren Argumenten fest. Die Gemeinde Baar äusserte sich zum Fall vor dem Zuger Verwaltungsgericht nicht nochmals.

Ausnahmebewilligung?
Das Verwaltungsgericht befasste sich eingehend mit der Frage, ob in diesem Fall eine Ausnahmebewilligung zur Neugestaltung eines Grundstücks heranzuziehen ist. Dies vor allem deshalb, weil das Gebäude nicht mehr sanierungswürdig sei. Die Verneinung einer Ausnahmebewilligung, um diesem Zustand ein Ende zu setzen, wäre gemäss dem Gremium stossend. Als ebenso wenig zielführend bezeichnen die Verwaltungsrichter den Verweis, auf die anstehende Baarer Ortsplanungsrevision zu warten, um in der Sache entscheiden zu können. Aktuell ist unklar, wann dieses Planungsinstrument in der Gemeinde spruchreif ist.

Verwaltungsrichter orientieren sich an Realitäten
Das Verwaltungsgericht schlägt deshalb eine Brücke, um für den konkreten Fall eine schnelle Lösung zu finden. Der Hinweis der Bewilligungsbehörde, dass nach der Erledigung der Ortsplanungsreform das Bauvorhaben im Gebiet Arbach verwirklicht werden könne, vermochte die Verwaltungsrichter nicht zu überzeugen. Dass das Amt für Raum und Verkehr vorschlage, dieses Warten auf einen aktuell nicht bestimmbaren Zeitpunkt zu schieben, bezeichnet das Gericht «als etwas salopp». Dies auch deshalb, weil die Bauherrschaft mittels plausibler Kostenrechnungen nachwies, dass sie pro Jahr durch den Stillstand rund 100’000 Franken verliere.

Rechtskräftiges Urteil
Die Summe aller geprüften Faktoren führte die Verwaltungsrichter zur Erkenntnis, dass hier konkret beim unternutzten Grundstück mit einem abbruchreifen Gebäude eine Ausnahmeregelung auszusprechen sei. Zudem stellt das Gremium fest: «Mit dem Verhindern der von der Bauherrschaft gewünschten Variante respektive Vertrösten auf ein paar Jahre später, kann keine nachhaltige Veränderung des Bachlaufs und des Gewässerraumes geschaffen werden.»

Da die Entscheidung des Verwaltungsgerichts mehr oder weniger der Linie der Beschwerdeführenden entspricht, müssen das ARV wie auch die Gemeinde Baar als unterliegende Parteien je 2’000 Franken an die bauwillige Partei überweisen. Das Verwaltungsgerichtsurteil ist rechtskräftig.


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