Es ist einiges aus meiner Heimat in Bern präsent

  10.09.2025 Politik

Der Allenwindner Bundesrat Martin Pfister (62) musste nach dem Dienstantritt im Frühling gleich loslegen. Im Gespräch mit der «Baarer Zytig» zieht er Bilanz über die ersten Wochen in der Bundeshauptstadt.

MARCO MOROSOLI

Martin Pfister, Sie sind seit dem 1. April 2025 Bundesrat. Eine Einarbeitungszeit gab es nicht. Was waren und sind Ihre grössten Herausforderungen?
Bundesrat Martin Pfister: Mit der Arbeit in Bern habe ich bereits einen Tag nach meiner Wahl (12. März 2025) in den Bundesrat begonnen. Meine neue Aufgabe im VBS (Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport) ist bei den derzeit ablaufenden Veränderungen auf der Welt sehr wichtig, aber auch komplex. Es ist auch angezeigt, schnell zu handeln. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Darum gilt es, die anstehenden wichtigen Projekte gut zu begleiten. Wir müssen uns laufend verbessern, weiterentwickeln und so aufstellen, dass das Parlament, die Bundesverwaltung wie auch die Öffentlichkeit Vertrauen in unsere Arbeit gewinnen.

Auf welche Prinzipien legen Sie grossen Wert?
Pfister: Die Transparenz unseres Tuns ist mir sehr wichtig. Ich erwarte Ehrlichkeit und Offenheit. Wir wollen uns auch den Kritikerinnen und Kritikern stellen. Diese Werte werden bei mir eine hohe Priorität haben . Als eine meiner ersten Handlungen habe ich im Generalsekretariat eine Abteilung geschaffen, die die Projekte im VBS besser steuert. Diese Veränderungen werden bald ihre Wirkung entfalten. Alles in allem sind die Abläufe so ausgelegt, dass wir die Ziele, die wir uns selbst geben, auch erreichen. Im Frühling haben wir unsere rüstungspolitische Strategie veröffentlicht. Bald präsentieren wir die sicherheitspolitische Strategie.

Im Kanton Zug waren Sie Gesundheitsdirektor, jetzt sind Sie Chef des VBS mit über 12’000 Mitarbeitenden, arbeiten aber im Bundesratskollegium mit. Welche Projekte sind die aktuellen Brennpunkte?
Pfister: Neben all den Aufgaben fürs VBS setze ich mich als Mitglied des Bundesrates für unser Land ein. Wir haben wichtige Themen. Zum Beispiel regeln wir nun unser Verhältnis mit der Europäischen Union. Bei diesem Prozess startete der Bundesrat wenige Wochen nach meinem Amtsantritt die Vernehmlassung. Dieses Thema ist für den Bundesrat ein Schlüsselthema der nächsten Jahre.

Rund um die Schweiz sind derzeit verschiedenste Verwerfungen im Gange. Inwiefern sind Sie von diesen tangiert?
Pfister: Sehr stark als Chef des Departements, das sich um die Sicherheit unseres Landes kümmert. Das Risiko kriegerischer Handlungen ist auf der Welt gestiegen. Gegenwärtige Konflikte trägt man wieder häufiger mit dem Einsatz von Gewalt aus. Diplomatie und Völkerrecht sind aktuell weniger durchsetzungskräftige Mittel. Die USA, die jahrelang ein Garant für die Sicherheit in Europa waren, verstehen ihre Rolle anders als früher; sie bleiben Partner, aber die Europäer müssen sich stärker selbst für ihre Sicherheit einsetzen. Innerhalb Europas werden enorme Rüstungsprogramme beschlossen. Es gilt in ganz Europa, die Armeen verteidigungsbereit zu machen.

Welchen Stellenwert geniesst diese Neuausrichtung von Kräften in der Schweiz?
Pfister: Wie schwierig die Sicherheitslage ist, ist in der Schweiz noch nicht überall im Bewusstsein. In einigen umliegenden Ländern sind die Weichen in Richtung fünf Prozent des Bruttoinlandprodukts fürs Militär gestellt. Wir in der Schweiz streben bis 2032 an, ein Prozent unseres Bruttoinlandprodukts für die Armee aufzuwenden.

Was ist in Bern (Bundesrat) bei Ihrer Arbeit anders als es in Zug (Regierungsrat) war?
Pfister: Ich hatte in Zug ein Umfeld, das ich kannte. Zug ist ein kleiner Kanton. Ich war neun Jahre in der Zuger Regierung, da sind die Wege kurz. Hier in Bern war es dann ein neues Umfeld. Mein neues Umfeld hat mich freundlich empfangen. Ich bin auf eine leistungsfähige und einsatzfreudige Verwaltung gestossen. Zudem muss ich mich in Bern mit dem National- und dem Ständerat zwei Parlamentskammern stellen. Das sind natürlich andere Herausforderungen als sie in Zug galten. In Bern ist auch die mediale Welt eine andere.

Lesen Sie überhaupt noch Zeitungen, oder reicht es nur für die Überschriften? Welches ist ihr Hauptmedium, um à jour zu bleiben?
Pfister: Ich nehme Zuger, aber auch nationale und internationale Zeitungen, darunter auch die Baarer Zytig, immer noch in die Hand. Aber mein Medienfokus hat sich berufungsbedingt natürlich verändert. Es hat auch französisch- und englischsprachige Titel darunter. Ich schaue dabei nicht nach den Geschichten, in denen ich selbst im Zentrum stehe. Ich bin weiterhin ein interessierter Zeitungsleser des generellen Weltgeschehens.

Wie oft finden Sie noch Zeit, um an Ihren Wohnort Allenwinden zurückzukehren?
Pfister: Ich schaue, dass ich am Wochenende an meinen Wohnort Allenwinden zurückkehre. Ich nehme dabei Arbeit mit nach Hause. Die Sommerferien haben wir in Allenwinden verbracht. Unser Haus ist für uns zu einem Ferienhaus geworden, seit ich unter der Woche in Bern bin.

Wann gehen Sie am Morgen ins Büro? Haben Sie eine Morgenroutine aus dem Kanton Zug mitgenommen, welche Sie auch in Bern aufrechterhalten?
Pfister: Ich schaue, dass ich zwischen 6 Uhr und 6.30 Uhr in meinem Büro bin. Dauert mein Tag einmal länger, dann erscheine ich auch ab und zu erst um 7 Uhr im Büro. Ich mache meine neue Aufgabe sehr gerne. Das war auch bereits in Zug so.

Haben Sie etwas aus dem Kanton Zug mit nach Bern genommen?
Pfister: Eine Büste von Philipp Etter, dem ersten Zuger Bundesrat, die hier in Bern in meinem Sitzungszimmer steht, habe ich als Geschenk des Zuger Kantonsrats an meiner letzten Sitzung erhalten. Sie stand in Zug im Kantonsratssaal und später im Treppenhaus des Zuger Regierungsgebäudes. Meinen Zuger Sitzungstisch, ein grosser runder Stammtisch, habe ich auch mitgenommen. Es ist also einiges aus meiner Heimat in Bern präsent. In meinem Büro stehen und hängen zudem verschiedene Kunstwerke von Künstlerinnen und Künstlern aus dem Kanton Zug, zum Beispiel vom Baarer Quido Sen, von Alois Rasser, Johanna Näf oder Urs Bischof.

Kann ein Bundesrat überhaupt noch unerkannt den ÖV benützen?
Pfister: Ich würde gerne mit dem Öffentlichen Verkehr von Allenwinden nach Bern fahren. Das habe ich am Anfang auch so gemacht. Doch es ist aufgrund der Sicherheitsvorkehrungen kompliziert geworden. So lasse ich mich meistens mit dem Auto in den Kanton Zug bringen.

Sie sind nunmehr seit 185 Tagen im Amt. Ihre ersten Eindrücke vom neuen Job als Bundesrat?
Pfister: Ich erlebe in Bern innerhalb der Verwaltung ein sehr leistungsbereites Umfeld. Alle wollen das Beste und engagieren sich. Es läuft im VBS vieles besser, als es manchmal dargestellt wird. Die Tätigkeit als Regierungsmitglied ist im Vergleich zwischen dem Kanton Zug und dem Bundehaus in Bern nicht grundlegend verschieden – die Themen hingegen schon.

Und wollen Sie zum Schluss noch etwas zu den Baarerinnen und Baarern sagen?
Pfister: Ich bin sehr dankbar für den grossen Empfang vom 20. März in Baar. Die grosse Freude der Bevölkerung bleibt für mich unvergesslich. Ich habe auch viele Rückmeldungen auf meine Wahl, nicht nur aus dem Kanton Zug, sondern aus der ganzen Zentralschweiz, erhalten. Meine Wahl war auch mit dem Wunsch verbunden, dass ich einen Beitrag zu einem guten Funktionieren des Bundesrats leiste. Gerade jetzt ist es von grosser Bedeutung, dass unsere Kollegialregierung, der Bundesrat, gut funktioniert.


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