Heisst es noch Aabig in Baar und Oobig in Zug? – Wie sich Dialekte ändern

  03.12.2025 Musik/Kultur

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Bevölkerung des Kantons Zug deutlich gewandelt. Was bedeutet das für den Dialekt des Kantons? Dies untersucht ein Team der Universität Zürich.

Ursprünglich trennte das Schwemmgebiet der Lorze Baar von Zug. Dies machte sich auch in den Dialekten bemerkbar. Noch in der Mitte des letzten Jahrhunderts dokumentierte der Sprachatlas der deutschen Schweiz (SDS) Dialektgrenzen zwischen den beiden Orten. Sagte man in Baar schneie, öis oder Aabig, war es in Zug schniie, üüs und Oobig. Mittlerweile grenzen Baar und Zug direkt aneinander, und die Bevölkerung dieser Orte wird sprachlich immer diverser. 2023 war fast ein Viertel der Baarer Bevölkerung nicht deutschsprachig, und unter den Deutschsprachigen finden sich viele Zugezogene.

Zuger Dialektabend
Am 25. November lud ein Team der Universität Zürich zum Dialekabend an die Zuger Kantonsschule ein. Nachdem tagsüber Dialektworkshops mit Schülerinnen und Schülern stattgefunden hatten, richtete sich das Abendprogramm an Erwachsene: Gabriela Bart, Redaktorin beim Schweizerdeutschen Wörterbuch und Baarerin, führte das Publikum in die Dialektforschung ein. Dafür hatte sie im Archiv des SDS recherchiert und war auf Anmerkungen zur mündlichen Befragung 1950/51 in Baar gestossen. Gleich mehrere Umstände erschwerten die Datenerhebung damals: Erst kam die Fasnacht dazwischen, dann wurde eine Kuh notgeschlachtet, und schliesslich unterbrachen Geburt und Taufe eines Enkelkindes die Datenerhebung.

Neue Dialektforschung
Mittlerweile gibt es andere Formen der Datenerhebung – etwa Dialekt-Apps, wie die an der Universität Zürich entwickelte App «nöis gschmöis». Indem Nutzende Fragen zu ihrem Dialekt beantworten, erforscht diese App das Schweizerdeutsche, wie es aktuell gesprochen wird. Leute, deren ganze Familie den gleichen Dialekt spricht, können genauso mitmachen wie solche, die zu Hause andere Sprachen sprechen. Damit wird die zunehmende Mobilität der Schweizer Bevölkerung – wie wir sie auch im Kanton Zug beobachten können – berücksichtigt.

Im Anschluss an den Vortrag der Sprachforscherin Bart analysierten die anwesenden Zuger und Zugerinnen in einem Workshop zusammen mit Dialektexperten aktuelle Dialektkarten, die auf den Daten der App basieren. Die Teilnehmenden verglichen die Karten mit ihren eigenen Dialekten und diskutierten, wie verschiedene Darstellungsweisen von Karten sprachliche Verhältnisse abbilden können.

Beim anschliessenden Apéro wurden diese Gespräche vertieft. Die Gäste waren sich einig: Auch wenn sich die Zuger Dialekte gewandelt haben, hört man immer noch, aus welchem Teil des Kantons jemand stammt.

Zugerdeutsche Dialektschaffende
Der Dialektabend schloss mit einer Podiumsdiskussion über das Zugerdeutsche. Samantha Taylor diskutierte mit den Kulturschaffenden Severin Hofer, Judith Stadlin und der Baarerin Maria Greco darüber, was die Zuger Mundart für sie persönlich und für ihr Schaffen bedeutet. Hofer erzählte von seiner Figur Frau Gätzig, die nun mal gätzig sei, und Stadlin berichtete von ihrem Problem, dass das Verb «foot» in «es foot a» (es fängt an) immer wieder mal als Englisch foot (Fuss) interpretiert und dann nicht verstanden werde.

Greco führte aus, was es für sie als Kind bedeutete, (noch) keinen Baarer Dialekt gesprochen zu haben, und wie sie heute lokale Erzählungen und Geschichten auf Mundart schreibt. Zudem las sie aus ihrem Zuger Sagenbuch – natürlich im Baarer Dialekt.

Weitere Informationen zur App nöis gschmöis: www.gschmois.uzh.ch

Anja Hasse, Universität Zürich


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