Judith Erdin verrät Geheimnisse des Backens

  13.03.2025 Musik/Kultur

Kulinarik Das tägliche Brot selber backen – dazu animiert Judith Erdin mit ihren Büchern, Blogs und Auftritten. In der Rathus-Schüür folgten viele Frauen und auch ein paar Männer ihren Ausführungen.

FRANZ LUSTENBERGER

«Unser tägliches Brot gib uns heute», heisst es im Gebet. Brot ist in der Tat eine der ältesten Speisen der Menschheit, von Frauen für die Familie und die Gemeinschaft gebacken. Genau dazu ruft Judith Erdin wieder auf, mit dem Buch «Dein bestes Brot». Ihr Antrieb und Ziel dabei: «Es soll schmecken wie vom Lieblingsbäcker, bloss ohne E-Nummern.» Mitarbeitende der Bibliothek Baar buken für das zahlreiche Publikum – die Rathus- Schüür war bis auf den letzten Platz gefüllt – Brote und Kuchen nach Erdins Rezepten. Das Echo war einhellig: Diese Backwaren mundeten allen.

Es kommt aufs Gramm an
Die gelernte Bäcker-Konditorin betonte es immer wieder: Die Genauigkeit der einzelnen Mengen ist entscheidend. Ein Beispiel: Wenn in einem üblichen Rezeptbuch von zwei Eiern die Rede ist, dann sei dies absolut ungenau. Je nach Alter, Rasse, körperlicher Verfassung des Huhns treten grosse Unterschiede auf, zwischen 40 und 70 Gramm je Ei. «In meinen Rezepten gebe ich daher die Eimenge in Gramm und nicht in Stück an.» Sollte ein Ei zu schwer sein, können Eigelb und Eiweiss beim nächsten Rührei weiterverwendet werden.

Entsprechend gehört eine digitale Küchenwaage, die auf ganz wenige Gramm genau ist, zur prioritären Grundausrüstung. Sollte eine solche gerade nicht funktionieren, so liefert Erdin in ihrem Buch eine Umrechnung von Gramm in gängige Masseinheiten wie Teelöffel gestrichen oder gehäuft. Aber: Das Rezept würde besser gelingen, wenn die Zutaten genau abgewogen werden, «daher ist der Küchenwaage immer Vorrang zu geben».

Wirbelnd durch die Backstube
So präzis die Vorgaben in ihren Kochrezepten sind, umso wirbliger nimmt sie das Baarer Publikum mit auf die Reise durch ihr Schaffen und Leben. Erdin ist Bestseller-Autorin, Food-Bloggerin und Content-Creatorin im Unterhaltungsbereich. Die ursprünglich gelernte Bäckerin-Konditorin hat eine Zweitausbildung als Polygrafin / Mediengestalterin gemacht. Ein Grund für die Zweitausbildung: «Ich stehe gerne früh auf, aber nicht immer so früh.» Die beiden Ausbildungen seien die beste Voraussetzung für die Bücher übers Backen. Diese sind mit vielen Fotos illustriert, mit denen das Handwerk des Brotbackens anschaulich gezeigt wird. Erdin denkt bei ihren Büchern immer an die Anwenderinnen und Anwender, an die Frauen und Männer vor dem Backofen, also an den Nutzwert. Und eines ist in der Rathus-Schüür auch klar geworden. Erdin ist eine Perfektionistin, die nicht mit dem erstbesten Backversuch zufrieden ist. «Es ist fein, aber…» danach wird weiter getüftelt, respektive gebacken, bis es «so schmeckt wie beim Bäcker oder noch besser».

Natur, Handwerk und ein Fenstertest
Die Aargauerin arbeitet mit natürlichen Zutaten. Sie verwendet keine Halbfabrikate wie Blätterteig oder Konfitüre aus dem Supermarkt, und daher auch keine Geschmacksverstärker, Konservierungsstoffe oder künstliche Aromen. «Einfach nur Natur und Handwerk. Und ein bisschen Bäckerinnenwissen.» Dazu gibt Erdin noch einen einfachen Tipp, nämlich Geduld zu haben: «Es wird viel zu wenig lang geknetet.» Ob genügend lang geknetet wurde, erkenne man am sogenannten Fenstertest. «Man nehme ein kleines Stück des Teigs und ziehe es mit den Fingern langsam auseinander. «Lässt es sich, ohne zu reissen, hauchdünn ausziehen, ist der Teig genügend geknetet.»

Aus England stammt der Satz «the proof of the pudding is in the eating». Ob das selbstgebackene Brot gelungen ist, merkt man erst beim Essen. Erdin dazu: Es brauche immer wieder kleine Änderungen, man müsse ausprobieren, bis das tägliche Brot einem schmeckt. «Nur darauf kommt es an.»


22’000 Jahre alt

Es gibt wenige Erfindungen und Entwicklungen, welche die Geschichte der Menschheit tiefgreifend verändert haben. Zu nennen sind etwa die Beherrschung des Feuers, die Erfindung des Rades oder eben das Backen von Brot. Die Geschichte des Brotes begann mit dem Getreidebrei. Vor 22’000 Jahren begannen die Menschen damit, den Getreidebrei auch zu backen, zuerst wohl unbewusst, indem sie den Getreidebrei an der Sonne trocknen liessen. Das waren die Vorgänger des Brotes, wie wir es heute kennen. Das Sammeln von wild gewachsenem Getreide und der gezielte Anbau von Getreide machten die Menschen sesshaft; aus den vorher umherziehenden und jagenden Nomaden wurden sesshafte Bauern. Die Erfindung des Brotes steht letztlich am Ursprung der heutigen Zivilisation. Die mit einem Alter von 14’400 Jahren bisher ältesten Reste von wohl ungesäuertem Brot wurden in einer Natufien-Siedlung im heutigen Jordanien gefunden. Dabei handelt es sich um verkohlte Brotreste aus wildem Getreide (Einkorn), Strandbinsen und Wurzeln, die an alten Feuerstellen ausgegraben wurden.


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