Mehr als ein halbes Leben

  25.09.2024 Vermischtes

Ende September legt das Wirtepaar Pia und Wisi Jori-Böhi den Kochlöffel zur Seite. Bis zum finalen Drehen des Schlüssels geben die beiden im Restaurant Moosrank noch einmal alles.

MARCO MOROSOLI

Das Restaurant Moosrank liegt etwas oberhalb der Ägeri- und unterhalb der Allenwindenstrasse. Der Parkplatz der Gaststätte ist ein Stück alte Allenwindenstrasse. In diese Lage versetzte der Kanton das Wirtshaus im Zuge der Neuordnung des Verkehrs nach der Eröffnung der jüngsten Lorzentobelbrücke (1985).

Da war Wisi Jori schon im Moosrank am Wirten. Genau genommen kochte er seit dem 4. Juli 1984 dort. Das Datum wählte er bewusst: Der 4. Juli ist der Unabhängigkeitstag der Vereinigten Staaten von Amerika. In diesem Land wohnte Wisi Jori – mit seiner damaligen Partnerin – für längere Zeit. Von dort brachte er auch die Idee mit nach Hause, seine Gäste dereinst mit grösseren Fleischstücken nach US-Art zu beglücken. Dieser Linie bleibt er bis zum Lichterlöschen in der Küche des Restaurants Moosrank treu.

Der heute 67-jährige Gastronom begann mit 27 Jahren im Restaurant Moosrank zu wirken. Vorher arbeitete Wisi Jori im Gotthärdli am See in Zug und am linken Zürichseeufer. In Heerliberg seien, so erinnert er sich, zwei Herren gekommen, um sich von ihm und seinen Kochkünsten ein Bild zu machen.

Jori bestand den Test und steht seither an fünf Tagen in der Woche am Herd. Es hilft ihm eine Fachkraft, derweil seine Frau in der Gaststube alles im Griff hat. Mit ihr ist er seit 35 Jahren verheiratet. Auch sie ist in den Betrieb hineingewachsen, nachdem sie in den Anfangsjahren jeweils als Springerin gearbeitet hatte. Wie Jori erzählt, gälte zwischen ihm und seiner Frau eine strikte Aufgabenteilung: «Meine Frau ist an der Front. Ich mache die Arbeiten im Hintergrund. Das ist mittlerweile längst alles Routine.»

Alles kommt im Moosrank frisch auf den Teller
Der gelernte Koch blieb bis heute seinem Beruf treu. Nach der Lehrzeit als Koch hängte er hinterher noch die Wirteschule an. Dabei zeigte er sich als einer, der stets innovativ unterwegs war: «Ich war der Erste, der in Zug Hummer gekocht hat.» Auf der aktuellen Speisekarte des Moosrank ist das Krustentier aber nicht zu finden. Fleisch gibt es hingegen in den verschiedensten Variationen. Voller Stolz berichtet der Wirt mit dem langen Atem, dass er alles frisch zubereitet: «Mein Trick ist, dass alle Fleischspeisen auf drei Fleischsorten basieren.» Saisonal ergänzt das Wirte-Ehepaar die Speisekarte mit Wild. Es gelte dabei die gleiche Machart: «Alles ist frisch gekocht.»

Die Gaststube kann noch so voll sein, dem Koch Jori ist es wichtig, bei allen Gästen kurz vorbeizuschauen. Auch an dieser Gepflogenheit hält er bis zum letzten Tag fest. Dabei wirkt er in keinem Augenblick gestresst. Aber der 67-Jährige macht sich auch nichts vor: «Was wir machen, ist ein Verschleissjob.» Um wieder zu Kräften zu kommen, sind die beiden Gastronomen sieben bis acht Wochen in die Ferien gefahren.

Womöglich hat das Moosrank-Wirte-Ehepaar während dieser längeren Auszeiten noch ein wenig gearbeitet, denn der Patron sagt: «Wir haben bei den Weinen, die wir anbieten, gerne auch hinter die Kulissen geschaut.» Er schenkt nichts aus, was nicht passt.

Jori ist auch dankbar, dass er wegen Krankheiten nie länger aussetzen musste. Er habe Covid erwischt, sei aber bald wieder gesund gewesen. Diese Zeit sei, so Jori, nicht einfach gewesen. Er macht sich auch nichts vor: «Wir haben keine Laufkundschaft und leben von der treuen Stammkundschaft.» In dieser Phase hätten sie nur ein Ziel gehabt: «Das 40-Jahr-Jubiläum.» Eine Marke, welche die beiden mit Bravour geschafft haben. Im gleichen Stil managen die Wirts leute mit Herz auch noch die restlichen Tage auf ihrer langen Reise.

Das Entrümpeln der Gaststube beginnt gleich im Oktober
Ab Oktober gibt es dann zum ersten Mal eine andere Arbeit: Das Restaurant muss entrümpelt werden. Viele Sachen versuchen die zwei zu verkaufen. Eine Liste mit zu verkaufenden Utensilien hängt im Bereich zu den Toiletten. Vieles ist wohl eher zufällig in der Gaststube gelandet. Es gibt eine Relief-Karte vom Zürichsee, Clownbilder, Hinweise auf Spezialbiere, allerlei Tand aus den USA und vieles mehr. Die Jori-Böhis geben sich für diese Phase der Ablösungszeit einen Monat. Das Loslassen bringe Platz für Neues.

Das Wirteehepaar freut sich natürlich, dass es bald mehr mit Freunden zusammen sein kann. Bis jetzt war das jeweils immer nur in einem sehr engen Zeitfenster möglich. Bereits früh haben die passionierten Gastgeber eine Bleibe in Uerzlikon gekauft. Eine grosse Küche gehört auch dazu. Jori will fortan karitativ tätig sein. Seine 58-jährige Frau fühlt sich noch sehr gesund und möchte eine Teilzeitarbeit annehmen. Sie sagt über die Zeit, die jetzt kommt: «Wir freuen uns auf den Schritt in die Ungewissheit.» Angst davor hat sie nicht: «Ich bin jemand, der immer das Positive sieht und lösungsorientiert arbeitet.» Und dann noch dies: Auf die Frage, ob die beiden Gastronomen Reibereien gehabt hätten, kommt es fast im Chor: «Klar, aber wir haben uns immer schnell wieder gefunden.»

Was mit dem Restaurant Moosrank geschieht, das ist noch unklar. Der Eigner der Baute, eine Fideikomiss, hat Nachfolger gesucht, aber nicht gefunden. An der Aussicht kann es nicht gelegen haben.


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