Ortsplanungsrevision: auf dem Weg zur nächsten Etappe
22.10.2025 PolitikNach der Informationsveranstaltung im Mai und der öffentlichen Auflage der revidierten Nutzungsplanung arbeiten die Verantwortlichen nun die Einwendungen ab. Ziel ist, dass die Bevölkerung im kommenden Sommer über die Revision der Nutzungsplanung abstimmen kann.
RAHEL HEGGLIN
Ein zentrales Anliegen der Informationsveranstaltung war aufzuzeigen, welche Mitwirkungsmöglichkeiten während der öffentlichen Auflage bestehen. Einerseits konnten Einwendungen eingereicht werden, andererseits bot die Gemeinde Sprechstunden an, bei denen sich Interessierte individuell informieren und ihre Anliegen einbringen konnten. Während der 30-tägigen Auflage im Juni und Juli fanden insgesamt 26 solcher Sprechstunden statt. «Diese Gespräche haben einen wertvollen Beitrag geleistet, um konkrete Anliegen nachzuvollziehen. Auch Missverständnisse konnten direkt geklärt werden», sagt Zari Dzaferi, Vorsteher Planung / Bau bei der Gemeinde Baar. Insgesamt gingen 56 schriftliche Einwendungen mit rund 200 einzelnen Anträgen ein. Es sei eine Zahl, die für die Grösse der Gemeinde durchaus im erwartbaren Rahmen liegt.
Jede Einwendung wurde einzeln geprüft
An der Bearbeitung der Einwendungen sind mehrere Dienststellen beteiligt: Siedlungs- und Verkehrsplanung, Bauberatung, Rechtsdienst, Energie und Umwelt sowie das Sekretariat. Zuerst wurde jede Eingabe fachlich geprüft und bewertet. Dies im Hinblick, ob der Antrag überhaupt mit der Ortsplanung zu tun hat und ob er rechtlich oder sachlich berücksichtigt werden kann. Manche Anliegen liessen sich rasch einordnen. Etwa wenn sie klar im Widerspruch zu kantonalen oder nationalen Vorgaben standen. «Dies war beispielsweise der Fall, wenn ein Verdichtungsgebiet infrage gestellt oder Wohnnutzung in einer Arbeitszone verlangt wurde», erklärt Pascal Strüby, Leiter Dienststelle Siedlungs- und Verkehrsplanung.
Gemeinderat entscheidet voraussichtlich bis Ende Jahr
Nach dieser ersten fachlichen Beurteilung gehen nun alle Anträge ans sogenannte Begleitgremium. Dieses besteht aus Vertreterinnen und Vertretern der Parteien, des Gewerbes und von Verbänden wie ProNatura. Das Gremium begleitet das Projekt seit 2019 eng und gibt jeweils Empfehlungen an den Gemeinderat ab. Die nächste Sitzung ist auf Ende Oktober / Anfang November geplant.
Persönliche Gespräche und Entscheid Gemeinderat
Parallel dazu führen die Verantwortlichen Gespräche mit einzelnen Einwenderinnen und Einwendern, insbesondere dort, wo sich Missverständnisse oder Konflikte abzeichnen. Rund ein Dutzend solcher Gespräche haben bereits oder werden demnächst stattfinden. Ziel ist nicht, dass Einwendungen zurückgezogen werden, sondern dass verstanden wird, weshalb gewisse Änderungen beantragt werden. «Eine Einwendung ist nichts Negatives», betont Pascal Iten, Abteilungsleiter Planung / Bau und ergänzt: «Sie ist ein Beitrag zur Mitwirkung.» Im Dezember entscheidet der Gemeinderat über jede einzelne Einwendung. Dabei gibt es drei Möglichkeiten: Eine Einwendung kann vollständig, teilweise oder gar nicht berücksichtigt werden. «Alle Einwendenden erhalten danach einen schriftlichen Bescheid mit der Begründung», sagt Dzaferi und weiter: «Einwender haben so die Möglichkeit, ihre Einwendung zurückzuziehen, falls sie dies möchten.» Dann würde diese nicht in den Abstimmungsunterlagen abgedruckt.
Inhaltlich betreffen viele Einwendungen Themen wie die Erhöhung der Baumassenziffern in den Arbeitszonen, die Diskussion um die Mehrwertabgabe oder die neu eingeführte Grünflächenziffer. Während einige sich mehr Verdichtung wünschen, äussern andere Bedenken über eine zu starke bauliche Ausnutzung oder mögliche Einschränkungen bei der künftigen Nutzung ihrer Grundstücke.
Dorfcharakter, Industriezonen, Schwammstatt, OeIB-Zonen und Ortszentrum
Die neue Ortsplanung verfolgt hauptsächlich fünf Ziele. Eines davon gilt der punktuellen Verdichtung, damit der dörfliche Charakter von Baar nicht verloren geht. Verdichtungen sollen vor allem entlang der Zugerstrasse und in bestimmten Wirtschaftsgebieten wie dem Oberneuhof erfolgen. «Verdichtung soll es dort geben, wo sie Sinn machen und gute Voraussetzungen für die Erschliessung bestehen. In bestehenden Wohnquartieren sind keine grossen Änderungen vorgesehen», sagt Iten. Ein weiteres wichtiges Thema ist der Umgang mit dem Grundwasser. Dafür wird der Begriff «Schwammstadt» benutzt. Das Konzept soll helfen, dass Wasser künftig besser vor Ort versickert. «Dieser Grundsatz hilft unter anderem, das Mikroklima zu verbessern und die Hitzebelastung zu reduzieren», erklärt Dzaferi. Auch bei den Zonen für öffentliches Interesse (OeIB) schafft die Revision neue planerische Möglichkeiten, etwa für Schulbauten bei der Sennweid oder ein zusätzliches Sportfeld beim Lättich. Ein weiterer Punkt gilt der Stärkung des Ortszentrums. Insbesondere Erdgeschossnutzungen sollen attraktiv sein, um das Dorfzentrum zu beleben.
Neu schafft die Gemeinde, dort wo es Sinn macht, auch Anreize für die Erstellung von preisgünstigem Wohnraum: «Wer solchen baut, darf sein Grundstück stärker ausnutzen», erklärt Iten.
Zeitlicher Horizont
Nach acht Jahren intensiver Arbeit nähert sich die Ortsplanungsrevision einer entscheidenden Phase. Wenn alles nach Plan läuft, wird der Gemeinderat Ende Jahr über die eingegangenen Einwendungen befinden und den überarbeiteten Zonenplan sowie die angepasste Bauordnung im Juni an die Urne bringen. Sagt die Stimmbevölkerung Ja zur Ortsplanungsrevision, muss als letzte Instanz der Zuger Regierungsrat diese genehmigen. Damit würde die Grundlage für die nächsten 15 Jahre Raumplanung in Baar gelegt.

