Sie ist nicht nur Lehrerin, sondern auch Mensch
08.10.2025 Musik/KulturGrosse Ehre für Baar: Nach der Premiere in Bern startete die Kabarettistin Moët Liechti die Tournee mit ihrem ersten Soloprogramm «Begegnungszone» in der Rathus-Schüür.
EDI WIDMER
«Hier in Baar ist es speziell, es ist wunderbaar», freute sich Moët Liechti nach ihrem ersten Auftritt in der Rathus-Schüür. Über 50 Zuschauerinnen und Zuschauer wollten das erste Soloprogramm der Künstlerin sehen. Eine Woche zuvor hatte die 25-Jährige ihre Premiere im Bierhübeli in Bern gefeiert. Dort spielte die Bernerin im ausverkauften Haus vor 300 Personen. Nun also im kleineren Rahmen. Aber auch hier kam ihr Auftritt gut an.
«Ich habe es heute in Baar genossen», sagte Liechti. Ist doch die Rathus-Schüür ein beliebter Geheimtipp in der Kleinkunstszene. «Dieses Haus hat schon Charme, mit diesen Balken», resümierte sie. Mit viel Charme präsentierte sie auch ihr kurzweiliges Programm «Begegnungszone». Entstanden ist es in den letzten Jahren. Viele Pointen und Ideen stammen aus den Texten ihrer Poetry-Slam-Vergangenheit. In dieser Disziplin wurde Liechti 2023 Schweizermeisterin. Zehn Jahre nach Hazel Brugger gewann damit endlich wieder eine Frau diesen Titel.
«Mit der Zeit kam der Wunsch in mir, nicht mehr so kompetitiv aufzutreten. Ich wollte lieber das Publikum geniessen», philosophierte die Kabarettistin, «ein abendfüllendes Programm, das wär’s!» Deshalb machte sie sich auf die Suche nach einer Regie. Auf diesem Weg fand sie die Künstlerin Natalia Lehmann. Zusammen mit ihr feilte sie an ihrer Performance.
In Baar ist es viel familiärer
Nun geht sie mit dem Werk auf Tournee. Gestern folgte der dritte Auftritt im Kaufleuten in Zürich. In der Nähe von Baar ist sie erst wieder am 5. Februar im Kleintheater Luzern. Weitere Tourdaten und -orte sind in Verhandlung. Und auch wenn sich Künstler auf viele Zuschauer freuen, war es in Baar in der kleinen Rathus-Schüür speziell. «Es ist viel familiärer. Man spürt das Publikum besser», wusste auch Liechti, «man ist so nah, dass man das Gefühl hat, das Publikum ist ein Gesprächspartner.»
Gesprächspartner ist sie sich gewöhnt. Denn nebenbei arbeitet sie als Lehrerin. Fünf Jahre war sie Klassenlehrerin. Jetzt hat sie ein 50-Prozent-Pensum als Musiklehrerin für Dritt- bis Sechstklässler. Diesen Wechsel vollzog sie, damit sie genug Zeit hat für ihre Auftritte mit dem Soloprogramm. Aber auch als Moderatorin ist sie von Winterthur bis Thun unterwegs, und für Firmenevents wird sie auch gerne gebucht.
Nach Baar würde sie sehr gerne wiederkommen. «Ich habe es sehr schön gefunden», sagte sie. Vielleicht in einem Jahr oder dann spätestens mit dem zweiten Soloprogramm.
Grosse Ziele hat sie noch nicht. Zuerst einmal schauen, wo der Weg hinführt. Erst vor drei Jahren begann sie mit Poetry Slam. Bereits ein Jahr später wurde sie Schweizermeisterin. Jetzt kommt das erste Soloprogramm. «Wenn das so weitergeht, dann moderiere ich im nächsten Jahr den Eurovision Song Contest», scherzte Liechti. Damit würde sie ein zweites Mal die Nachfolge von Hazel Brugger antreten.
Soweit ist es indes noch nicht. Noch sind die Bühnen etwas kleiner, aber nicht weniger aufregend. Ihre Themen stammen nicht nur aus dem Lehrerberuf, sondern auch aus dem Leben. Auch sehr persönliche Momente und natürlich die Musik fanden den Weg in ihr Programm. So nach dem Motto: Sie ist nicht nur Lehrerin, sondern auch Mensch. «Das muss man schon anmerken», fand Liechti.
Wegen Lehrermangel nehmen sie alles
«In der Wut verliert der Mensch seine Intelligenz», sagte einst der Dalai Lama. Als Liechti diesen Spruch zum ersten Mal hörte, wusste sie: «Jetzt musst du handeln.» Sie merkte: «Ich brauche ein Ventil. Irgendwo muss diese Frustration raus. Darum bin ich Primarlehrerin geworden.» Weil der Lehrermangel so gross ist, nehmen sie alles. «So ein bisschen auf Kinder aufpassen, das kann ich schon», meinte Liechti.
Kinder hat sie sehr gerne, besonders wenn sie um zehn vor zwölf nach Hause gehen und am Nachmittag krank sind. Etwa so startete ihr Programm. Weiter ging es mit dem Lehrerzimmer, das nicht mehr so heisst, sondern: Begegnungszone. Daher der Name des Programms. Aber eben, es geht nicht nur um Lehrer. Auch Fehler sind erlaubt. Fehler gibt es übrigens sowieso nicht mehr. Das hat sie an der Pädagogischen Hochschule gelernt. Fehler sind Chancen, man muss sie einfach reflektieren.
Reflektiert hat sie auch ihr Dasein als Single. Die Gründe dafür liegen aber bei den anderen. Sie hat ihre Ansprüche schon massiv heruntergeschraubt. «Daten» findet sie sowieso überbewertet. Man kann das ganz einfach abkürzen: «Du erlebst mich einmal vor meinem ersten Kaffee, einmal nach einer Flasche Wein, einmal an einem Sonntag und einmal wenn ich meine Tage habe – an einem Sonntag. Und wenn du dann noch lebst und ja sagst, dann entscheide ich.»
So weit kam es noch nicht, deshalb nun weiter mit der Karriere auf der Bühne. Ein Ziel gäbe es da noch: den Swiss Comedy Award zu gewinnen. Das wäre dann das dritte Mal, dass sie in die Fussstapfen von Hazel Brugger treten würde. Brugger gewann diesen Award 2017. Trotzdem möchte sie keine Kopie von ihr sein.
Das ist sie auch nicht. Dafür ist nur schon ihr Name zu einzigartig. Den verdankt Moët Liechti tatsächlich einer Champagnerflasche. Die Eltern fanden den Namen spannend, und sie ist einfach nur froh, dass die Eltern damals nicht Freixenet oder Veuve Clicquot getrunken haben.