Über 800 Bäume werden im Wiesental verbaut

  19.06.2024 Wirtschaft

Neubau Das neue Schulhaus Wiesental setzt auf Holz und ist auf Kurs – baulich und finanziell. Davon konnte sich die Bevölkerung anlässlich einer öffentlichen Baustellenbesichtigung überzeugen.

FRANZ LUSTENBERGER

«Bäumig» – viele Baarerinnen und Baarer brauchten dieses Wort, wenn sie nach ihren Eindrücken nach der Besichtigung gefragt wurde. «Bäumig» ist typisch schweizerisch und bedeutet laut Duden «grossartig, herausragend». «Bäumig» ist das neue Schulhaus Wiesental aber auch, weil sehr viel Holz beim Bau eingesetzt wird. «Mit diesem vorbildlichen Holzbau legt die Gemeinde Baar viel Wert auf eine ökologische und nachhaltige Bauweise», sagt der verantwortliche Projektleiter Ralf Betschart von der Firma ProjektBeweger GmbH. Es handelt sich um «das grösste Holzfachwerk der Schweiz», erläutert Giulio Bettini vom jungen Architekturbüro Penzisbettini in Zürich, welches mit seinem Projekt «Domino» den Zuschlag der Gemeinde erhielt.

Das Wiesental ist zeitlich im Plan
«Es sind 700 Tage seit dem Spatenstich vergangen», hält Gemeinderat und Bauvorstand Dzari Zaferi fest. Man sei auf Kurs, der Rohbau ist fertig, auch kostenmässig sei man im Rahmen der Vorgaben, trotz der Unwägbarkeiten bei den Holzpreisen, der allgemeinen Bauteuerung und der Lieferkettenthematik. Zur Erinnerung: Der Baarer Souverän hat dem Neubau im November 2021 zugestimmt; die Investitionssumme beträgt rund 101 Millionen Franken. Die Eröffnung der ersten Etappe, also des grossen Gebäudes mit der Dreifachturnhalle und den Schulräumen auf zwei Obergeschossen, ist für den nächsten Sommer vorgesehen.

Zurück zur Holzkonstruktion – auch dazu ein paar Zahlen, um die Dimension des neuen Gebäudes anschaulich zu machen. Verbaut werden rund 2’500 Kubikmeter Holz; ein durchschnittlicher Baum (25 Meter hoch und 40 Zentimeter Durchmesser) bringt rund drei Kubikmeter für den Bau nutzbares Holz. Die Rechnung ist dann einfach: Im neuen Gebäude Ost werden über 800 Bäume verbaut. Das Holz stammt überwiegend aus der Zentralschweiz; der Auftrag wird von einer Arbeitsgemeinschaft, bestehend aus den beiden Holzbaufirmen Kost Holzbau und Bisang Holzbau, beide in Küssnacht am Rigi zuhause, ausgeführt. Die Holzelemente werden bei den Firmen vorfabriziert, der eigentliche Bau vor Ort geht dann schneller voran.


«Öppis schöns ond erscht no heimelig»
Die Reaktionen der Besucherinnen und Besucher fallen einhellig aus. «Schön und eindrücklich» sagt etwa Holzunternehmer Daniel Abt, der seine Primarschulzeit im Wiesental verbracht hat. Elisabeth Walker, langjährige Kindergartenlehrperson in Baar, ist zuerst von der Grösse «etwas erschrocken», da der Innenausbau erst noch gemacht werden muss. Und Pascal Kehrli, Primarlehrperson im Wiesental, freut sich schon jetzt auf den Wechsel ins neue Gebäude; beeindruckt sei er von der nachhaltigen Bauweise: «Holz ist einfach heimelig.» Germann Marty betont während des Rundgangs ein einziges Wort, nämlich «grossartig» oder eben «bäumig».

Die Grösse zeigt sich am besten beim Blick in die Tiefe, auf den Boden der neuen und abgesenkten Dreifachturnhalle. Verwendet hat man recyclierten Beton aus der Umgebung, um den Vorgaben der Nachhaltigkeit gerecht zu werden. Auf die besonderen Herausforderungen beim Bau angesprochen, erwähnt Projektleiter Betschart zwei Dinge. Zum einen der schwierige Baugrund, der rund 300 einzelne Pfähle notwendig machte. Man erinnert sich an den Grund des Rückbaus der alten Schulanlage – eine Schieflage der Gebäude aufgrund einer mangelhaften Fundation. Und zum zweiten die Planung und Realisierung von zwei Stockwerken über der Turnhalle, «und das mit Holz». Gelöst hat man die Herausforderung mit grossen Holzfachwerken, welche die Turnhalle überspannen und die Kräfte, ähnlich wie beim Brückenbau, in den Untergrund ableiten.

Modulare Bauweise und moderne Pädagogik
Jetzt im Innenausbau werden die Böden fertiggestellt und vor allem die Wände eingezogen. Diese haben wegen der übergeordneten Holzkonstruktion keine tragende Aufgabe; sie können also dort eingebaut werden, wo sie aus pädagogischer Sicht auch Sinn machen. Nicht der fixe Bau bestimmt die Pädagogik, sondern umgekehrt – der Innenausbau richtet sich nach den pädagogischen Anforderungen. Architekt Bettini spricht von einer «flexiblen Bauweise mit vielen offenen Flächen».

Die Schulräume befinden sich entlang der beiden Längsseiten. Zwei Klassenzimmern ist ein gemeinsamer Gruppenraum zugeordnet, Für vier Klassenzimmer, die jeweils eine Einheit bilden, ist eine Lerninsel in der Mitte geplant. Die eingebauten Shedfenster und die Luken versorgen auch das darunter liegende Geschoss mit genügend Licht. So wirken die Räume horizontal und vertikal durchlässig.

Das Eröffnungsfest ist für den nächsten Sommer geplant. Die vielen Interessierten an der Baustellenführung werden auch wieder dabei sein. Bevor dann im August 2025 der Unterricht im neuen Campus Wiesental startet.


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