Von Baar aus in die grosse, weite Welt

  07.05.2025 Wirtschaft

Der in Baar aufgewachsene Patrick Röllin hat sich während der Pandemie zu Beginn der 2020er Jahre selbständig gemacht. Er ist stolz darauf, dass er diesen Schritt gewagt hat.

MARCO MOROSOLI

Mehr Bezug zu Baar geht kaum: Die Mutter des 35-jährigen Patrick Röllin ist im Dorf Korporationsbürgerin und seine Geschäftspartnerin.

Röllins Grossvater führte mit seiner Frau bis 1989 das Hotel Lindenhof. Der Name ist geblieben, und heute halten Busse der Zugerland Verkehrsbetriebe im Viertelstundentakt vor dem Lindenhof.

Röllin kam rasch zur Überzeugung, dass ein klassisches Studium für ihn nicht funktioniert. An der Kantonsschule in Zug machte er einen Abschluss in Betriebswirtschaft. Dann ging er für eine Textilausbildung nach Deutschland. Doch der Kleidervisionär kehrte immer wieder nach Baar zurück.

Daraufhin heuerte der von Kleidern faszinierte Röllin bei einer grösseren Verkaufsorganisation in der Schweiz als Trainee an. Die Grösse seines Arbeitgebers ermöglichte Röllin Einblicke in die verschiedenen Sparten einer Verkaufsorganisation im Textilbereich. Daraus ergaben sich Kontakte, welche für sein späteres Fortkommen von unschätzbarem Wert waren.

Er konnte in die Rolle des Käufers schlüpfen, wusste aber gleichzeitig auch, wie Einkäufer bei ihrem Tun ticken. Auch das war unbezahlbar.

Die Corona-Pandemie bringt ihn auf neue Geschäftsideen
Während der Corona-Pandemie zu Beginn der 2020er Jahre stand er, so erzählt der 35-Jährige, an einer Wegscheide: Auf den bekannten Schienen weiterfahren oder aber etwas machen, bei dem er sein eigener Herr und Meister ist.

Er entschied sich für Letzteres und hat den Schritt in die Selbständigkeit nicht bereut. Der Jungunternehmer, der bis vor Kurzem in der Zuger Lorzenebene wohnhaft war, betrieb seine Geschäftsidee nach dem Prinzip, dass auch kleine Schritte zielführend sind.

Die ersten Produkte aus den Händen des 35-Jährigen waren T-Shirts. Diese verfügen über keine Logos; ein solches befindet sich nur im Nackenbereich. Dort steht «3rd May». Das ist Röllins Geburtstag und gleichzeitig sein Markenzeichen: «Ich sehe mich als Unternehmer, der in langen Zyklen denkt. Ich möchte aber auch einer sein, der unabhängig von Trends geschäftet.»

So viel wie möglich in der Schweiz produziert
Viel wichtiger ist Röllin, dass seine kleidsame Ware kurze Wertschöpfungsketten hat. 67 Prozent des Produktes, in diesem Fall eines T-Shirts, sind «Made in Switzerland». Der Rest fällt unter das Label «Made in Europe». Einzig die Baumwolle stammt aus Übersee.

Der Jungunternehmer besucht die Produktionsstätten immer wieder persönlich, denn er will ja sicherstellen, dass alles so abläuft, wie er es sich vorstellt. Einer dieser Betriebe ist die Isa Bodywear in Amriswil. Was dort entsteht, trägt das Label «Swisscotton». Dieses Gütezeichen garantiert höchste Qualität in der gesamten Wertschöpfungskette – von der Baumwolle an.

Wie der Label-Homepage zu entnehmen ist, genügen nur die besten drei Prozent der weltweiten Baumwollproduktion den hohen Anforderungen der Ostschweizer. Von diesem Streben profitiert wiederum 3rd May. Röllin sagt: «Ich will langlebige Produkte verkaufen.» Dass solche Kleidungsstücke ihren Preis haben, macht der Unternehmer transparent. Damit hat er einen Nerv der Zeit getroffen: «Unsere Produkte kommen gut an.»

Ist die Billigware aus Fernost schon ausgewaschen, zeigt das Qualitäts-T-Shirt der Marke «3rd May» noch keinerlei Gebrauchsspuren. Die Wertarbeit kommt an, wie der Bekleidungsunternehmer erzählt. Die Produktpalette wächst zwar nur langsam, aber stetig. Wenig erstaunlich ist, dass viel über den Online-Handel abläuft.

Röllin will sein eigener Herr und Meister bleiben
Im vergangenen Herbst begab sich der Heimwehbaarer in die «Höhle der Löwen». Das ist ein Format, das in der Schweiz auf dem CH-Media-Sender 3+ läuft. Dort winkt den Teilnehmern mit einer überzeugenden Idee ein Geldbetrag, um ihre Geschäftsidee weiterzuentwickeln. Wie der gebürtige Baarer erklärt, hat er auf dieses Angebot verzichtet: «Ich will meine Autonomie behalten.» Er stecke viel Herzblut und Leidenschaft in dieses Projekt. Deshalb bevorzuge er es, zusammen mit seiner Geschäftspartnerin (seiner Mutter) das Label voranzutreiben – und das, ohne noch auf das OK einer dritten Partei angewiesen zu sein: «So kann ich noch etwas bewegen.»

Prestige interessiert den 35-Jährigen nicht. Er habe auch überhaupt keine Lust aufs Hamsterrad: «Ich will dem, was ich tue, den Stempel aufdrücken.» Mit dieser Strategie könne er «Schritte in eine planbare Zukunft machen». Mit dieser Entscheidung ist er bisher gut gefahren.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote